Heilig-Geist-Kapellen, Rituale, Feste: Bunte Pracht der Impérios von Terceira

Nirgendwo gibt es mehr pittoreske, herrlich farbenfrohe Impérios – Heilig-Geist-Kapellen – & buntere Kirchen als auf der Azoreninsel Terceira. Jeder Ort oder jedes Viertel hat sein eigenes, schön verziertes „Império de Espírito Santo“. Zwischen Ostern & Pfingsten finden Feiern und Rituale statt, bei denen der neue Kaiser gekrönt wird & an denen die ganze Bevölkerung teilnimmt.

Impérios spielen eine wichtige Rolle bei den gläubigen Azorianern. Man findet sie auf allen Inseln, aber nirgendwo sind die 71 Heilig-Geist-Kapellen bunter & lebendiger als auf Terceira.

Liebevoll und bunt angemalt heißen die kleinen Tempel den Heiligen Geist willkommen. Um diesen Brauch & zu Ehren des Heiligen Geistes, werden herrliche Feste gefeiert, die die gesamte Bevölkerung mit einbeziehen.

Terceira – Insel der Farben & Feste

Keine der Azoreninseln ist geschichtsträchtiger als Terceira und auch das macht diese Azoreninsel zu etwas Besonderem. Ihre Geschichte, einstiger Reichtum & internationalem Ansehen, ihr Widerstand spiegelt sich stolz in ihrer Hauptstadt – dem bezaubernd schönen, historischen Angra do Heríosmo – die UNESCO Weltkulturerbe Status besitzt.

Igreja da Misericordia - Imposantes blau-weißes, barockes Bauwerk & Kirche von Angra do Heroismo - Terceira - Azoren

Die Impérios sind aber nicht nur in den wohlhabenden Städten zu finden, sondern in jedem Dorf fallen die kleinen weiß-bunten Heilig-Geist-Kapellen auf. Auf Terceira befinden sich die kleinen Paläste oft in unmittelbarer Nähe der Kirche und sind auf sie farblich abgestimmt.

Denn auch dies ist einzigartig auf den Azoren: nicht nur die Impérios, sondern auch die Kirchen sind nicht wie sonst nur schwarz-weiß. Selbst auf den Dörfern erstrahlen sie immer auch in leuchtenden Farben.

Farben scheinen ein Hauptmerkmal der Azoreninsel Terceira zu sein. Auch andere Inseln haben bunte, farbenfrohe Häuser, aber auf keiner Insel ist mir mehr aufgefallen, wie bunt Dörfer und Städte sein können.

Angra do Heroismo - Schmucke und liebevoll restaurierte Häuser & Innenhöfe erstrahlen in lebensfrohen Farben - Terceira - Azoren

Farben sind immer auch Ausdruck von Lebensfreude. Kein Wunder, dass Terceira auch die Insel der Feste genannt wird. Neben all den vielen weltlichen und religiösen Feierlichkeiten das ganze Jahr über – Schwerttänze, Karnevalsfeste, Stierkämpfe, WettgesängeFest des St. Johannes – sind die Heilig-Geist-Feste die bedeutendsten Feiern auf Terceira.

 

Heilig-Geist-Feste der Azoren – Festas do Espírito Santo

Diesen Heilig-Geist-Kult soll es auch einst in Deutschland, Italien und Frankreich gegeben haben. In Portugal soll der Brauch auf Elisabeth von Portugal (1271 bis 1336) zurück gehen. Als Friedensstifterin und Helferin in Kriegsnöten soll sie u.a. die Armen in einer besonderen Zeremonie symbolisch gekrönt haben und danach ein Fest sowie die Speisung der Armen durchgeführt haben.

Dieser Brauch wurde später von Adligen und dann vom Volk selbst übernommen und so auch auf die Azoren gebracht. Während dieser Brauch und seine Rituale auf dem Festland längst untergegangen sind, lebt und blüht er auf den Azoren weiter.

Die vielen Naturkatastrophen meist verbunden mit Vulkanaktivitäten & Beben auf der einen Seite und Abgeschiedenheit, sowie ohne Hilfe von außen leben zu müssen, haben dem Glauben und Brauchtum einen viel höheren Stellenwert gegeben und ihn bis heute erhalten.

Erste Aufzeichnungen über diesen auf den Azoren typischen Brauch reichen zurück ins 15. Jahrhundert. Bereits im 16. Jahrhundert ist die Heilig-Geist-Anbetung dann schon weit verbreitet. Auch die Verteilung von Lebensmittel an die Gemeinschaft – die bodos – waren in der Mitte des 16. Jahrhunderts üblich.

Obwohl nicht von der UNESCO anerkannt, ist dieser Brauchtum und das Heilig-Geist-Fest für die Einheimischen ein (Welt)Kulturerbe, mitgebracht von verschiedenen Ländern und bis heute gelebt.

 

Heilig-Geist-Kapellen (Impérios) & Bruderschaften

Dreh- und Angelpunkt der Festa do Espírito Santo und dem Glauben an das Göttliche, sind u.a. die herrlich schönen ImpériosHeilig-Geist-Kapellen. Die kleinen Impérios sind zu einem Symbol und Wahrzeichen dieses Glaubens geworden.

Obwohl der Kult und das Ritual um die Heilig-Geist-Feste von Insel zu Insel etwas anders ausgelegt und abgehalten werden, bleibt doch der Aufbau und die Struktur dieses Festes für alle derselbe.


Império Espírito Santo das Quatro Ribeiras, Terceira

 

Bruderschaften des Heiligen Geistes

Die Bruderschaften bestehen in der Regel aus nachbarschaftlichen Familien einer Pfarrei, die alle in unmittelbarer Nähe voneinander wohnen. Es können aber auch Brüder von anderen Orten aufgenommen werden, solange diese einen Bezug zu den ansässigen Brüdern haben.

Alle sind in der Bruderschaft in ihren Rechten und Pflichten gleichgestellt, unabhängig von ihrer Herkunft. Bewerben können sich sowohl Männer wie Frauen. Die Bruderschaft entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder.

 

Moralkodex, Glauben & Grundsätze der Bruderschaften

Die Bruderschaften des Heiligen Geistes leben in der Hoffnung und dem Glauben an eine gleichgestellte Gemeinschaft, geprägt von dem Wissen und dem Glauben an das Göttliche. Zuwiderhandlungen gegen das Göttliche werden schwer bestraft, dazu gehört auch das nicht Einhalten von öffentlich abgegebenen Versprechungen, die Teil dieses Festes sind. Das wäre also definitiv keine Glaubensrichtung für unsere Politiker.

Gleichberechtigung – alle Mitglieder der Bruderschaft sind gleichgestellt und verdienen den gleichen Respekt. Alle können zum Kaiser gekrönt werden und das Heilig-Geist-Fest ausrichten.

Solidarität – mit den bodos wird das was die einen mehr haben, mit denen geteilt, die wenig oder nichts haben. Ziel ist immer eine Stärkung der ganzen Gemeinschaft und enger Zusammenhalt.

Autonomie von der Kirche – Die Bruderschaften schufen sich mit ihrer Heilig-Geist-Anbetung eine Art Parallelwelt zu den Kirchen. Zur Zeit der Kolonialisierung stand praktiziertes Teilen und Barmherzigkeit nicht auf den Fahnen der Kirchen. Versuche der Kirche diese Feste und Rituale zu unterbinden, konnten sich glücklicherweise nicht durchsetzen. Auch noch heute findet die Anbetung des Heiligen Geistes völlig getrennt von der Kirche statt, obwohl die Priester inzwischen die imperadors – Herrscher – krönen.

 

Wahl des neuen Kaisers – Imperador

Aus den Reihen der Bruderschaften wird jedes Jahr für die Heilig-Geist-Feiern ein neuer imperador – Herrscher, Kaiser – gewählt. Dieser Status bleibt dem Auserwählten ein Jahr lang erhalten. Der Imperator für das kommende Jahr wird immer direkt nach dem Heilig-Geist-Fest gewählt.

Der imperador oder mordomo (so wird er auf São Miguel genannt) meist als Kaiser übersetzt, ist u.a. auch der Fest-Organisator, der das Sagen in allen belangen um die Durchführung des Festa do Espírito Santo hat. Er sammelt auch Geld- und Sachspenden für die Ausrichtung des Festes.

Oft werden neben dem Kaiser auch noch freiwillige Helfer ausgelost, die schon bei den Vorbereiten des Festes und danach bei dem bodos – der großen Verköstigung mithelfen.

 

Impérios – Die Heilig-Geist-Kapellen

Jede Bruderschaft ist um ihr eigens dafür gebaute Império Divino do Espírito Santo – eine kleine Kapelle des göttlichen Heiligen Geistes – herum strukturiert. Hier werden auch die Riten diesen Heilig Geist Kultes praktiziert.


Heilig-Geist-Kapelle / Império in Serreta, Terceira

Die Impérios hatten in der Vergangenheit eine noch viel größere Bedeutung. Ein Sinnbild für den unerschütterlichen Glauben der Azorianer an das Göttliche sind die Heilig-Geist-Kapellen aber immer noch. Die Impérios waren der Ort, wo die Bruderschaft den Heiligen Geist um Hilfe beschwor z.B. bei Naturkatastrophen, Ernten usw..


Heilig-Geist-Kapelle Espírito Santo do Raminho, Terceira

Die Architektur der Imperíos ist von Insel zu Insel sehr unterschiedlich. Sie reicht von einfachen Hütten – wie sie es zu Beginn immer waren – bis hin zu herrlich verzierten Heilig-Geist-Kapellen. Erst durch die Rückkehr oder Spenden der zu Wohlstand gekommenen Auswanderer haben sich die Impérios zu den kunstvollen kleinen Tempeln entwickelt.


Heilig-Geist-Kapelle Império Espiríto Santo da Porto Martins, Terceira

In den Impérios gibt es normalerweise eine Art Ausstellungsraum, wo die Flaggen, Bänder und all die rituellen Requisiten für die Prozessionen der Bruderschaften aufbewahrt werden. In einem Nebengebäude / Nebenraum – despensa genannt – werden vor den Festen die Speisen, Lebensmittel, Wein und andere rituellen Mahlzeiten für die Heilig-Geist-Feiern gelagert.


Império Espírito Santo das Cinco Ribeiras, Terceira

Bei den Heilig-Geist-Kapellen handelt es ich um rechteckige kleine Bauten, die auf Terceira immer auf einem Sockel stehen. Früher ist man über eine Leiter eingestiegen, heute führen meist gemauerte Treppen zum Eingang. Die Fenster sind mit Vorhängen dekoriert oder aus buntem Glas.

Heilig-Geist-Kapelle Império Espiríto Santo das Doze Ribeiras, Terceira

Oft werden sie jedes Jahr zu den Festas do Espírito von der Bruderschaft ausgebessert, gestrichen und besonders geschmückt. Die Bruderschaft hat sich auferlegt für den Erhalt und die Pflege der Impérios zu sorgen.

Die Impérios – auf Terceira oft besonders farbenfrohe Heilig-Geist-Kapellen – sind Mittelpunkt der Festlichkeiten. Manche von ihnen sind eher schlicht, andere sehen fast aus wie Miniatur-Paläste, die aus Märchen entsprungen sein könnten.


Império Espírito Santo de São Sebastião, Terceira

Zu erkennen sind die Heilig-Geist-Kapellen meist an den außen angebrachten Symbolen des Heiligen GeistesTaube, Zepter und Krone – die teilweise der Fassade aufgemalt sind bzw. sich auf der Spitze des Giebels befinden. Während des Heilig-Geist Festes empfängt der Kaiser hier das ganze Volk / Dorf. Selbst Fremde werden nicht ausgeschlossen. Ringsherum wird Essen und Wein verteilt und gefeiert.

Imperio Espírito Santo da Caridade – ungewöhnliche Heilig-Geist-Kapelle – Angra do Heroismo, Terceira

 

Rituale, Zeremonien & Requisiten der Heilig-Geist-Feiern

Die Krone , das Zepter und die Kugel sind die wichtigsten Insignien dieses Espiríto Santo Rituals und der Heilig-Geist-Anbetung auf den Azoren.

Die Krone ist aus Silber – meist dreiarmig – auf ihr befindet sich eine goldene Kugel, auf der wiederum eine Taube mit ausgestreckten Flügeln ruht. Die Größe der Krone variiert. Meist gibt es in den Bruderschaften mehrere Kronen. Jede Krone wird durch ein silbernes Zepter vervollständigt, an dem ebenfalls einer Taube mit ausgestreckten Flügeln sitzt. Sowohl Krone wie auch Zepter sind mit einem weißen Seidenband verziert.

Getragen wird die Krone und das Zepter von einer Art silbernem Tablett mit Sockel, das das Reich des Heiligen Geistes symbolisieren soll.

Die Flagge besteht aus rotem Damast, auf deren Mitte eine weiße Taube aufgestickt ist, von der das göttliche Licht ausgeht. Die Flagge befindet sich auf einer ca. 2 m langen Holzstange, mit einer Taube als Abschluss. Die Flagge begleitet den angehenden Kaiser bei der Prozession zur Krönung.

Eine kleinere Flagge wird am Haus des Kaisers gehisst, während sich die Krone in seinem Haus befindet. Neben dem Império steht sich großer Mast. Während der Zeremonien wird hier eine Flagge mit Szenen aus dem Heiligen-Geist-Ritual gehisst.

 

Wie wird das Heilig-Geist-Fest auf den Azoren gefeiert?

Im Laufe der Jahrhunderte haben Brauchtum und Heilig-Geist-Feste zwar die gemeinsame Struktur beibehalten, allerdings wird auf jeder Azoreninsel und manchmal sogar innerhalb derselben Insel eine abweichende Vorgehensweise und Ausprägungen gelebt.

Die Feierlichkeiten beginnen am Ostersonntag und dauern bis Pfingsten  bzw. dem Dreifaltigkeitssonntag (Sonntag nach Pfingsten). Die Krönung des Kaisers findet an einem dieser Sonntage statt und das bodo – die „Armenspeisung“ wird i.d.R. am Pfingstsonntag mit allen aus dem Dorf gemeinsam gefeiert.

Die Heilig-Geist-Feste werden oft aufgeteilt – es gibt eine Feier am Tag der Krönung – die função. Nach der Prozession und Krönung werden Freunde, Helfer und Familie ins Haus des Kaisers eingeladen und es wird gefeiert. Das eigentliche bododie „Armenspeisung“ – wird meist an Pfingsten oder dem Sonntag danach mit allen gefeiert.

Nicht selten kommen auch Auswanderer zurück, um in ihrem Heimatdorf / Bruderschaft diese Feiern zu feiern. Dann werden diese Feste teilweise bis in den Sommer oder auf Terceira sogar bis teilweise September noch wiederholt.

 

Versprechungen einlösen, Spenden & Briança / Cortejo do Bezerro

Der neue, aus der Bruderschaft ausgeloste Kaiser organisiert das Heilig-Geist-FestFesta do Espírito Santo. Finanziert wird das bodo, das je nach Größe auch in den 5stelligen Euro-Bereich gehen kann,  zum einem natürlich vom Kaiser selbst, aber auch die ganze Gemeinde hilft mit und spendet für dieses Fest. Es gehört zu den Aufgaben des Kaiser-Anwärters, durch das Dorf zu ziehen und Spenden für das Fest zu sammeln.

Schon bei den Wahlen des Kaisers nach den Heilig-Geist-Feiern werden von den Brüdern Versprechen gegeben, was sie alles beim nächsten Heilig-Geist-Fest beisteuern wollen. Die Versprechungen – meist Rinder, Schafe, Brot – werden dann sozusagen eingesammelt.

Der Donnerstag oder Freitag vor dem Krönungssonntag ist der Opfertag. Es gibt eine Prozession – cortejo do bezerro -,  bei dem die Tiere, die für den bodo geschlachtet oder verkauft werden und das Brot der Gemeinde gezeigt wird. Der Umzug führt vorbei an jedem Haus, dessen Familie zu dem Fest beigetragen hat. Die Tiere sind mit Papierblumen geschmückt und das briança – traditionelle Musik & Lieder – werden den Spendern gesungen.

Die Opfergaben werden gesegnet – entweder durch den Kaiser oder den Pfarrer.

 

Die Krönung des Kaisers beim Festa do Espírito Santo

Der auserwählte Kaiser bekommt vom ehemaligen Kaiser in einer Prozession die Krone auf dem silbernen Tablett und das Zepter – als Insignien des Heiligen Geistes – in sein Haus gebracht. Der neue Imperator hat in seinem Haus einen Altar für diese Symbole des Heiligen Geistes aufgestellt. Hier werden diese Insignien für das Jahr seiner Herrschaft wohnen.

An einem festgelegten Sonntag zwischen Ostern und Pfingsten findet dann die Krönung – Grande Coroacao – des neuen Imperators durch die Kirche bzw. den Pfarrer statt. Auf einer feierliche Prozession begleitet mit Böllerschüssen, der Dorfkapelle, Fahnen und schmucken Bändern geht es vom Haus des Imperators zur Kirche.

In der Kirche werden die Insignien dann geweiht und der neue Kaiser gekrönt. Oft legen die Imperatoren fest, dass nicht sie selbst die Krone, sondern ihre Kinder oder auch Familienangehörige erhalten. In vielen Bruderschaften gibt es daher auch mehrere Kronen.

Fällt die Krönung mit dem bodo zusammen, dann führt die Prozession weiter zum Império, wo schon alles für die große Feier hergerichtet ist.

 

Bodo & Sopa do Espírito Santo – alle sind eingeladen!

Was früher die Armenspeisung war und aus dem dieser ganze Brauchtum entstanden ist, wird auf den Azoren als bodo bezeichnet. Beim bodo handelt es sich ein rituelles Bankett, dessen Mittelpunkt die Heilig-Geist-Kapelle und der Imperator ist.

Auf und um dem Altar des Império werden die Heilig-Geist-Krone, das Zepter, Fahne und alle anderen Requisten aufgebaut. Das bodo kann beginnen.

Das bodo wird abgehalten auf dem Marktplatz oder auf der Straße bei der zugehörigen Heilig-Geist-Kapelle und alle sind zu diesem Fest willkommen. Selbst wenn Touristen und Fremde vorbeikommen, werden sie eingeladen.

Die Dorfbewohner bringen auch noch Kuchen, Pasteten oder Fischgerichte zum Fest mit. Jeder gibt was er kann – jeder schenkt und wird beschenkt.

Höhepunkt ist die Heilig-Geist-Suppe, die in hunderten von Töpfen oder vielen großen gußeisernen Pötten auf offenem Feuer gekocht wird. Die stärkende Sopa do Espirito Santo – mit Gemüse und Fleisch – wird an jeden verteilt. Die Heilig-Geist-Suppe fällt je nach Etat, mal üppiger oder mal einfacher aus.

Dazu wird es ein süßliches Brot  – Massa Sovada -,  das an einen riesigen Hefekuchen erinnert und der traditionelle Wein – Vinho de Cheiro gereicht.

Wer als Fremder bzw. Tourist eingeladen wird, hat meist die Möglichkeit etwas Geld zu spenden oder sich an Tombolas zu beteiligen und sollte diese Gelegenheit auch nutzen.

 

Terceira feiert das Heilig-Geist-Fest am intensivsten

Auf Terceira hat dieses Festa do Espírito Santo noch einmal eine weit umfangreichere Dimension. Hier wird nicht nur ein Kaiser gekrönt, sondern gleich 8jede Woche zwischen Ostern und Pfingsten / Dreifaltigkeitssonntag (Trinitatis).

Da es allein auf Terceira gibt es 71 solcher Impérios, kannst du dir ausmalen, was hier zwischen Ostern und Pfingsten los ist an den Sonntagen. Weil die Heilig-Geist-Feste eine so große Dimension hier auf Terceira erlangen, werden sie in 2 Phasen eingeteilt.

Unglücklicherweise war mir das auf Terceira vor Ort gar nicht so bewußt und ich habe mich nur gefragt, was die ganze Schießerei wohl zu bedeuten hat.

 

„Funções“ – Feiern mit Familie & geladenen Gästen

Die Bruderschaft lost unter denen, die gerne die Rolle des Imperadors übernehmen wollen, die Kaiser aus und das Datum des Festes, einer der Sonntage zwischen Ostern und Pfingsten aus.

Der Kaiser, der dem ersten Sonntag also an Ostern zugewiesen wird, bekommt dann auch die zum Schluss der acht Feiern, das Zepter, die Krone und das silberne Tablett für das ganze Jahr auf den Altar seinen Hauses.

Der jeweils für eine Woche verantwortliche Imperator bewahrt die Heilig-Geist-Krone in seinem Haus auf und betet jeden Abend im Kreis seiner Familie und Freunde einen Rosenkranz vor seinem Altar. Acht Wochen lang finden diese Festlichkeiten vom Ostersonntag bis nach Pfingsten in vielen Ortschaften der Insel statt.

Es gibt jeden Sonntag eine Prozession, bei der die Insignien des Heiligen Geistes von dem aktuellen König zum nächsten gebracht werden. Die Prozessionen kündigen sich weit über die Insel durch laute Böllerschüsse an. Nach der Krönung des neuen Bruders, wird in dessen Haus mit der Familie, Freunden und eingeladenen Gästen gefeiert – genannt função.

 

2. „Bodos“ –  gemeinsames Feiern mit dem ganzen Dorf

An Pfingsten und am Sonntag nach Pfingsten – Trinitatis – oft auch an beiden Sonntagen finden dann die bodos statt. Pfingsten, der 50. Tag nach Ostern, wird ja als Tag gefeiert, an dem der von Jesus versprochene Heilige Geist auf die Erde kam, um seine Jünger zu erleuchten. (Nur als Zusammenhang für alle wie mich,  die sich mit religiösen Riten nicht auskennen.)

Heute kann man in der Regel nicht mehr von Armenspeisung reden, sondern einfach von einer großen Gemeinschaftsfeier, die den Zusammenhalt & das Zugehörigkeitsgefühl stärkt.

Zum Kaiser gekrönt zu werden, gibt der Familie großes Ansehen im Dorf und bürdet ihnen auch eine soziale Verpflichtung auf, die von der ganzen Bruderschaft immer mit unterstützt wird.

 

Andere Abweichungen des Heilig-Geist-Festes auf den Azoren

Die Heilig-Geist-Feiern haben sich im Laufe der Zeit verändert und verändern sich weiter – von Insel zu Insel, aber auch von Dorf zu Dorf und besonders in großen Städten, wo die Feiern mehr und mehr zu einen touristischen Highlight mutieren.

 

Santa Maria & São Jorge

Auf der kleinen Azoreninsel Santa Maria und auf São Jorge wird das Festa Espírito Santo noch am ursprünglichsten & einfachsten gefeiert.

Bei diesen beiden Inseln beinhaltet das Heilig-Geist-Fest zusätzlich noch eine authentische Liturgie der Anbetung des Heiligen Geistes, der auf den anderen Inseln bereits verschwunden ist. Die foliões – eine kleine Gruppe von Männern – ziehen singend und musizierend begleitet von Trommel und Becken durch die Straßen und sammeln für das Heilig-Geist-Fest.

 

Pico & seine Brotlaib-Prozession

Auf der Insel Pico rückt die herrliche procissão das rosquilhasBrotlaib-Prozession – in den Vordergrund. Große. Geflochtenen Brotlaiberosquilhas – werden bei der Prozession zur Krönung von den Frauen in Körben auf dem Kopf getragen.

Herausragend schönes, buntes Império Espirito Santo & Heilig-Geist-Kiche in Sao Joao - Pico, Azoren
Wunderschönes, buntes Império in São João, Pico

 

São Miguel – ländlich authentische Feiern oder große Umzüge als Tourismus-Spektakel

Auf São Miguel verlaufen die Feste leicht anders und es werden teilweise andere Begriffe benutzt. So wird der  imperador hier mordomo genannt und Heilig-Geist-Kapelle ist das treatro. Das gesamte Heilig-Geist-Fest wird auf São Miguel als império bezeichnet.

In den kleineren, ländlichen Regionen von São Miguel ist die Feier auch nicht zweigeteilt. Das bodo wird hier am Samstag vor dem Krönungssonntag an Pfingsten oder dem darauffolgenden Dreifaltigkeitssonntag ausgeteilt.

In Ponta Delgada dagegen finden große Umzüge statt, an denen ca. 25 verschiedene Bruderschaften teilnehmen. Was auf dem Land die Opfer-Prozession ist, erinnert hier mehr an Karnevalsumzüge mit prächtig geschmückten Rindern, haushohen Pappkronen, die auf verzierten Wagen durch die Straße gezogen werden. Im Anschluß werden die mordomos gekrönt und die Feierlichkeit geht weiter mit der Heilig-Geist-Suppe. Musik und Kapellen dürfen auch hier nicht fehlen.

 

Kirchen & Impérios – Die Farben Teiceiras

Was auf Terceira sehr auffällt, ist dass die Impérios, die sich oft in unmittelbarer Nähe der Kirchen befinden meist sogar farblich aufeinander abgestimmt sind.

Es ist tatsächlich ein Hochgenuss durch die Dörfer zu spazieren und sich von den herrlichen Farben begeistern zu lassen.

Selbst die Häuser auf den Dörfern können mithalten. Das eine ist quietsche orange, das andere leuchtend pink, strahlend blau oder intensiv grün. Nichts fehlt, was es an Farbe gibt.

Terceira ist ein bisschen das Burano oder das Cinque Terre der Azoren.

 

Meine Tipps:

  • Frühjahr ist für die Azoren eine der besten Reisezeiten. Es hat noch wenig Touristen und die Sehenswürdigkeiten sind nicht überlaufen. Außerdem sind die Preise für Unterkünfte und Mietwagen sehr viel günstiger als im Sommer.
  • Wenn du dann in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten vor Ort bist, achte am Sonntag auf die lauten Böllerschläge. Sie sind oft über die Dörfer hinaus zu hören. Zweimal bin ich zu spät gekommen. Aber beim 3. Mal hat es dann auf São Miguel in Rabo de Peixe geklappt, dass ich zumindest die Prozession fotografieren durfte. In der Kirche wollte ich mich nicht vordrängeln.

  • In den ländlichen Gegenden wissen die Pfarrer, wann solche Prozessionen & das Heilig-Geist-Fest gefeiert wird. Wenn ihr einen hilfsbereiten Vermieter habt, kann er euch bestimmt helfen herauszufinden, wo auf der Insel etwas gefeiert wird.
  • Aber auch ohne an den Festen teilnehmen zu können, die Impérios sind ja das ganze Jahr über zu bestaunen. Ich hoffe, dass ich mit meinen Artikel ein bisschen dazu beitragen kann, die Heilig-Geist-Kapellen nicht nur als pittoreskes Gebäude zu sehen, sondern auch den Brauchtum und die ursprüngliches Azoren dabei mitzuempfinden.

  • Viele weitere tolle Terceira und Azoren Beiträge findest du auf meinem Blog. Eine Empfehlungen habe ich dir unter „Weiterlesen & Inspirieren lassen“ am Ende des Beitrages zusammengestellt. Viel Spaß beim Stöbern!

 

Wie gefallen dir diese herrlich bunten Heilig-Geist-Kapellen & Kirchen von Terceira & dieser typische Azoren Brauch? Hast du Tipps, Fragen, Anmerkungen – hinterlasse mir einen Kommentar. Ich freue mich!

 

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4 Kommentare an “Heilig-Geist-Kapellen, Rituale, Feste: Bunte Pracht der Impérios von Terceira”

  1. Deine Reiseberichte den Aufnahmen dazu sind einzigartig. Schade dass wir deinem Block nicht schon vor unserer Azorenteise gelesen hatten.
    ALSO vor einer Reise erst einmal bei Passenger on Earth nachschauen ! Hier wirst du fündig

    • Liebe Chrisy,

      tolles Feedback – das freut mich sehr! Ich mache das alles auch mit sehr viele Liebe und Sorgfalt.

      Ich hoffe, dass ich auch zu deinen nächsten Reisen, schon Beiträge geschrieben habe oder dich für neue Reisen inspirieren kann.

      Du darfst mich gerne all deinen Freunden und Bekannten weiterempfehlen!

      Sonnige Grüße
      Petra

  2. Wunderschöne Bilder und vor Allem die Hintergrundgeschichten sind hoch interessant. Habe bei meinen Urlauben in 2001,2002,2003 die Imperios schon bewundert aber nicht sehr viel darüber gewußt.
    Wurde sogar einmal eingeladen und konnte leider nicht teilnehmen da ich auf dem Weg zum Flughafen war. Schade

    • Hallo Klaus,

      vielen Dank für dein großartiges Feedback! Tatsächlich wußte ich auch noch nicht so viel als ich die Imperios vor Ort besucht habe. Aber auf Terceira waren sie einfach so präsent und es wurden die Feste auch gerade gefeiert.

      Nachdem ich auf Sao Miguel dann ein Fest – zumindest als Zuschauer -miterleben durfte, hat es mich dann doch gepackt, mehr darüber wissen zu wollen. Es hat mich im Nachhinein sehr viel Zeit und Recherchen gekostet, all die richtigen Informationen zu finden.

      Sonnige Grüße
      Petra

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