Lands of Priolo – Unberührtes São Miguel & Vorzeige-Naturschutzprojekt

Priolo - Azorengimpel: eine der am stärksten bedrohten Vogelarten - Sao Miguel, Azoren

Lands of Priolo (Terras do Priolo) – Der fast ausgestorbene Azoren-Gimpel ist nur noch im ursprünglichen Laurissilva (Lorbeerwald) im Osten von São Miguel zu finden. Mit einer großen Last auf seinen kleinen Schulten ist der Priolo zum Inbegriff von Naturschutz, Nachhaltigkeit & einem verständnisvollerem Miteinander von Menschen, Natur und Tourismus von São Miguel & den Azoren geworden.

Der PrioloAzoren-Gimpel – ist ein kleines Vögelchen, das nur noch, in dem auf wenige Quadratkilometer begrenztem, ursprünglichsten & landschaftlich schönstem Gebiet im Osten der Azoreninsel São Miguel vorkommt.

Der Priolo ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig eine ausbalancierte Natur ist. Sein Überleben ist abhängig von den letzten Lorbeerwäldern & Hochmooren, die sowohl von menschlicher Einflussnahme wie auch von invasiven Pflanzen bedroht sind. Ein bewegendes, unterstützenswertes Naturschutzprojekt auf den Azoren.

Priolo – Azoren-Gimpel – Eine traurige Geschichte mit Happy-End?

Der Priolo – übersetzt Azoren-Gimpel (Pyrrhula murina) – gehört zu der Familie der Finken und damit zu den Sperrlingsvögeln. Der etwas plump und unscheinbar aussehende, kleine Vogel wird bis zu 17 cm groß. Der Azoren-Gimpel besitzt eine schwarze Gesichtsmaske. Schwanz, schwarzen Schnabel und seine kurzen Flügel sind ebenfalls schwarz. Er ähnelt dem vom Aussehen her sehr dem Dompfaff, ist nur nicht so schön bunt wie das Dompfaff-Männchen.

Azorengimpel oder Priolo - stark bedrohte Vogelart, die es nur noch in einem kleinen Gebiet im Osten von Sao Miguel gibt - Azoren

Im 18. und 19. Jahrhundert boomte auf dem Azorenarchipel im Atlantik der Exporthandel mit Orangen. Die Orangenbarone sahen in Priolo aber einen Schädling, weil er die Orangenblüten liebte, wie die Orangenbarone, das Geld, das sie mit dem Export der Früchte erzielten. Damit wurde der Priolo – übersetzt Azoren-Gimpel zum Abschuss freigegeben und bis auf wenige Exemplare dezimiert.

Ironie des Schicksals, dass es nicht der Priolo, sondern schädliche Pilzsporen waren, die mit dem Wind über den Atlantik getrieben wurden, die binnen weniger Jahre fast alle Plantagen zerstörten.

Anfang des 20. Jahrhunderts galt der Priolo dann als ausgestorben, bis man Ende des 20. Jahrhundert dann eine Handvoll der Azoren-Gimpel (und mehr waren es tatsächlich nicht) in den Gebirgen in der Serra da Tronqueira fand.

Priolo oder Azoren-Gimpel - stark gefährdeter Vogel, der ausschließlich in den Lorbeerwäldern im Osten von Sao Miguel vorkommt - Azoren

Nur in diesem ältesten und unberührtesten Gebiet von São Miguel gibt es noch ursprüngliche Lorbeerwälder & Hochmoore, die zu der zweiten Heimat der Priolo wurde. Durch Farmlandgewinnung im 20. Jahrhundert und heute vor allem durch invasive, alles überwuchernde eingeschleppte Pflanzen sind die wenigen Quadratkilometer von ursprünglichen Lorbeerwald und damit der Priolo erneut oder immer noch stark bedroht.

Eigentlich sollte der Priolo – der zu den seltensten und am stärksten bedrohten Vögeln in Europa gehört, nicht als Azoren-Gimpel übersetzt werden, sondern als Ost-São-Miguel-Gimpel.

 

Lorbeerwälder der Azoren – Laurissilva – Was ist das? & Warum sind sie so wichtig?

Als Lorbeerwälder – auch Laurissilva – werden immergrüne Feuchtwälder bezeichnet, die sich in einer subtropischen Klimazone mit ausreichenden Niederschlägen befinden. Ihren Namen erhalten sie, weil diese Wälder von Lorbeergewächsen – Bäume, Büsche (erkennbar an den typischen Blattformen) – dominiert werden. Das Wort Laurissilva stammt vom lateinischen Laurus (Lorbeer, Lauráceas) und von Silva ab (Wald, Wald).

Ursprünglicher Lorbeerwald beim Centro do Priolo bei Nordeste - Sao Miguel - Azoren

Durch die hohe Luftfeuchtigkeit von durchschnittlich mindesten 80% ähneln die Lorbeerwälder den gemäßigten Regenwäldern. Lorbeerwälder zeichnen durch mildere Winter aus (vertragen aber auch Frost), wodurch immergrüne Laubbäume dominieren.

Ursprünglicher, einzigartiger Lorbeerwald in der Serra da Tronqueira im Osten von Sao Miguel - Azoren
Im Vordergrund: Azoren-Lorbeer (Laurus azorica)

Vor 20 Millionen Jahren waren Lorbeerwälder im gesamten Mittelmeerraum, Südeuropa und Nordafrika zu finden. Der dann folgende Klimawandel und eine Eiszeit vernichtete diesen Art von Wald. Nur noch an ein paar wenigen Orten überlebte der Lorbeerwald. Auf Madeira, wo er UNESCO Welterbe-Status besitzt, gibt es den größten zusammenhängenden Lorbeerwald. Vor die Menschen auf die Azoren kamen, hat er auch hier alle Inseln bedeckt.

Letzter ursprünglicher Lorbeerwald in der Serra da Tronqueira - Nordeste - Sao Miguel, Azoren

Auf Terceira – Serra da Santa Barbara – und im Hochland von Pico sind noch kleine Flecken von Lorbeerwald zu finden. Auf São Miguel macht der ursprüngliche Lorbeerwald gerade einmal ca. 20% des knapp 60 km² Schutzgebietes aus.

Schützenswert ist der stark bedrohte Lorbeerwald – Laurissilva – schon für sich alleine, da er ein Zeitfenster in die ältesten, noch existierenden Wälder unseres Planeten ist. Der Lorbeerwald in seiner besonderen Zusammensetzung bildet aber auch die Existenzgrundlage vieler endemischer Azorenflora und Fauna, wie z.B. dem bedrohten Priolo.

 

Überlebensgrundlage für den Priolo: Lorbeerwald / Laurissilva & intakte Hochmoore

Die nach der Ausrottung durch die Orangen-Bauern verbliebenen Azoren-Gimpel haben in ihrem letzten Rückzugsgebiet den Lorbeerwäldern und Hochmooren neue, spezielle Ernährungsgewohnheiten entwickelt. Er ist abhängig von den verfügbaren Nahrungsressourcen zur jeweiligen Jahreszeit. Im Frühling ernährt sich der Priolo von Blütenknospen, im Sommer von Kräutersamen, im Herbst stehen auf Früchte auf seinem Speiseplan und im Winter ist er auf Farne und Moose angewiesen.

Wurzelnde Kettenfarn (Woodwardia radicans) mit Bissspuren des Azorengimpels oder Priolo in einem intakten Lorbeerwald im Osten von Sao Miguel - AzorenWurzelnder Kettenfarn (Woodwardia radicans) mit Priolo Bissspuren 

Die verschiedenen Nahrungsquellen des Azoren-Gimpels bestehen ausschließlich aus endemischen Pflanzen, wie sie in den Lorbeerwäldern und Mooren zu finden sind. Um zu überleben, ist der Azoren-Gimpel auf den Lebensraum rund um die Serra da Tronqueira und der intakten Hochmoore in der Planalto dos Graminhais angewiesen.

Das gilt allerdings nicht nur für den Priolo, sondern auch für eine Reihe von anderen Tieren, die ebenfalls teilweise in ihrem Bestand gefährdet sind.

 

Gefährliche Neophyten & invasive Pflanzen – Feinde der Lorbeerwälder und Moore

Nachdem der Orangen-Export zum Erliegen kam, stürzte man sich auf die Holzwirtschaft. Der ursprüngliche Lorbeerwald wurde schnell und komplett abgeholzt und durch die schnellwachsende Sicheltanne ersetzt. Nur in schwer zugänglichen Gebirgsregionen wie in der Serra da Tronqueira überlebte ein Rest ursprünglicher Lorbeerwald.

Heute steht dieser letzte Rest von Laurissilva unter Naturschutz und ist vor weiterem Missbrauch von Menschen geschützt.

Der größte Feind des Lorbeerwaldes sind heute, die von anderen Ländern eingeführten Pflanzen – aus wirtschaftlichen,  hauptsächlich aber rein gestalterischen Gründen. Gerade zur Zeit der Orangenbarone, wurden von überall auf der Welt Pflanzen eingeführt und in den Prachtgärten der Orangenbarone angesiedelt. Je exotischer, je toller.

Parque Jose do Canto - Grandioser Ausblick auf Furnas See, Blüten & Sommerhaus - Sao Miguel, Azoren

Als Neophyten (griechisch: neos = neu; phyton = Pflanze) werden Pflanzen bezeichnet, die durch Menschenhand in Gebiete gelangen, wo sie natürlicherweise nicht vorkamen. Die große Gefahr bei eingeschleppten Pflanzen ist, dass sie sich invasiv verhalten. D.h. sie breiten sich extrem aus und verdrängen die ganzen einheimischen Pflanzen.

 

Sicheltanne – Japanische Zeder

Auf den Azoren gehören z.B. die Sicheltannen (Cryptomeria japonica) oder auch Japanische Zeder zu den stark invasiven Bäumen. Sie werden wegen ihres schnellen Wachstums gepflanzt. Die Japanische Sicheltannen bergen gleiche zwei große Gefahren für die Natur der Azoren. Die von diesen hochwachsenden Bäume besitzen ein dichtes Nadelwerk, das keine Sonnenstrahlen durchlässt. Damit kann am Boden dieser dunklen Wälder kaum eine andere Pflanzen mehr wachsen.

Sicheltanne oder Japanische Zeder wurde nach der Abholzung auf den Azoren angepflanzt - Invasive Pflanze, die die ursprünglichen Lorbeerwälder im Osten von Sao Miguel bedroht

Noch gefährlicher ist, dass diese Sicheltannen extreme Flachwurzler sind. Da sie aber in erster Linie in Hanglagen gepflanzt wurden, können sie die nicht schützen. Schon geringer Dauerregen kann das bisschen Erde, das sie mit ihren Wurzeln halten auswaschen, die Bäume kippen und ganze Hänge rutschen ab.

 

Schmetterlingsingwer – die Pflanzenpest der Azoren

Rasend schnell und vernichtend für alle endemischen Pflanzen auf den Azoren verbreitet sich der Schmetterlingsingwer. Er gilt sogar als eine der weltweit invasivsten und aggressivsten Pfanzen.

Schmetterlingsingwer - Aggressive, invasive Pflanze auf den Azoren und Bedrohung der ursprünglichen Lorbeerwälder im Osten von Sao Miguel

So schön die gelben Blüten des Schmetterlingsingwers – Girlandenblume oder auch Kahili-Ingwer (Hedychium gardnerianum) – auch aussehen mögen, sie hat den Status von Unkraut längst überschritten. Wie verheerend und wie vernichtend diese Pflanze ist, kann man sehr extrem auf der kurzen Wanderung zum wunderschönen Wasserfall Salto di Prego sehen.

Salto do Prego Wanderung - Invasion des Schmetterlingsingwers - Sao Miguel - Azoren

Mit ihren großen, dichten Blättern lassen auch sie keinerlei Sonnenlicht mehr durch und verhindern damit jedes Wachstum von anderen Pflanzen und jungen Bäumen. Auch sie sind extreme Flachwurzler, die in Hanglagen eine zusätzliche Gefahr darstellen.

 

Krausblättriger Klebsamen

Ebenfalls gefährdend für den ursprünglichen Lorbeerwald ist der schnell wachsende Krausblättrige Klebsame (Pittosporum undulatum) – auch als Australian Cheesewood bekannt. Ein Baum, der in den Höhenlagen der Azoren dominierend ist und ebenfalls in den Laurissilva.

Krausblättriger Klebsame (Pittosporum undulatum) - Invasive Pflanze auf Sao Miguel, die die letzen Lorbeerwälder der Insel bedroht - Azoren

 

Weitere invasive Pflanzen & Gefahren

Weitere Baumarten, die die Lorbeerwälder bedrohen, sind die Maiglöckchen-Zimterle – auch Scheineller (Clethra arborea), sowie die Schwarzholz-Akazie – auch Australian Blackwood (Acacia melanoxylon) mit seinen kleinen weiß-gelblichen, schneeballähnlichen Blüten.

Unter den invasiven Sträuchern greifen der Chilenische Rhabarber oder auch Mammutblatt (Gunnera tinctoriaden bedrohten Lorbeerwald und vor allem auch die Torfmoos-Landschaften & Hochmoore an. Trotz ihres Aussehens mit ihren gigantisch großen Blättern (bis zu mehreren Metern Durchmesser) und des Namens gehören sie nicht zur Familie des Rhabarbers und wurden für die Gärten in Furnas aus Südamerika eingeschleppt.

Mammutblatt oder Chilenischer Rhabarber - Invasiver Pflanze, die Lorbeerwälder und Hochmoore im Osten von Sao Miguel bedroht - Azoren

Neben den oben genannten invasiven Pflanzen kommen auch noch weitere hinzu, wie z.B. der Weihrauch, Baumfarne, bestimmte Rhododendron-Arten u.v.m., die ebenfalls auf dem Vormarsch sind.

Da es bis hinaus auf die Azoren – weit über den Atlantik hinweg – eh nur eine sehr begrenzte Anzahl von Pflanzen auf natürlichem Wege (durch Wind & Zugvögel) geschafft haben, sind die wenigen einheimischen Pflanzen, die einst die Azoreninseln ausgemacht haben, besonders gefährdet und schützenswert.

Was alle invasiven Pflanzen weltweit gefährlich für die endemische Pflanzenwelt macht, ist, dass sie sich weit effizienter vermehren und ausbreiten als die einheimischen Pflanzen. Durch entweder Pflanzengift,  Wurzelstrukturen (Rhizome) oder riesige Blätter, nehmen sie den anderen Pflanzen ihren Lebensraum weg. Meist werden sie als Zierpflanzen importiert und wildern dann aus. Erst einmal ausgewildert, kann man ihnen kaum mehr Herr werden.

 

Lands of Priolo – Terras da Priolo – Vorzeige-Naturschutzprojekt, das alle miteinbezieht

Damit sowohl in Zukunft weder der Lorbeerwald noch die Moore mit ihren endemischen Pflanzen noch dieser kleine Azoren-Gimpel völlig von unserem Planeten verschwinden, dafür engagiert sich das Natur- und Umweltschutzprojekt Lands of Priolo bzw. Terras do Priolo.

Lands of Priolo - Großes, erfolgreiches Schutzprogramm für den Erhalt der Azorengimpel, Lorbeerwald, Hochmoore & endemische Pflanzen & Tiere im Osten bei Nordeste - Sao Miguel, Azoren

LIFE+ Lands of Priolo ist seit 15 Jahren ein Gemeinschaftsprojekt von der Portugiesischen Gesellschaft für Vogelkunde (SPEA – Sociedade Portuguesa para o Estudo das Aves) und dem Regionalsekretariat für Energie, Umwelt und Tourismus (SREAT – Secretaria Regional de Energia, Ambiente e Turismo) und wird durch LIFE aus der Europäischen Gemeinschaft mitfinanziert.

Land of Priolo - ein außergewöhnliches, erfolgreiches Vorzeige-Naturschutzprojekt im Osten von Sao Miguel - Azoren

Lands of Priolo steht für ein ganz besonders gelingendes, langfristiges Vorzeige-Naturschutzprojekt, dessen Ziel weit umfangreicher ist, als „nur“ der Artenschutz dieses kleinen Vogels. Die drei wichtigsten, ursprünglichen Lebensräume in diesem Schutzgebiet, das fast den ganzen Osten von São Miguel ausmacht, sind der Laurissilva oder Lorbeerwald, die endemischen makaronesischen Heiden und die Hochmoore.

 

Priolo Schutzprojekt: Große Last auf kleinen Schultern

In den letzten 15 Jahren wurden in dem knapp 60  km² großen Schutzgebiet der wunderschönen Serra da Tronqueira & dem Planalto dos Graminhais viele Lebensraum-Sanierungen und weitere Erhaltungsmaßnahmen für die Natur und damit dem Priolo durchgeführt.

So hat sich – von einst einer Handvoll Priolo – die Population immerhin auf ca. 1000 Exemplare „erholt“. Damit dies so bleibt und sich die immer noch kritische Population der Priolo weiter stabilisieren kann, müssen die ständig schrumpfenden Lorbeerwälder und Torfmoos-Landschaften erhalten und wiederhergestellt werden.

Dies wiederum kann nur erreicht werden, wenn alle an einem Strang ziehen. Der Priolo wird damit u.a. zu einem Symbol für Naturschutz, Aufklärung, Einbeziehung & Schärfung des Bewusstseins der Bevölkerung, sowie der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus, der der größte Wirtschaftsfaktor der Azoreninsel São Miguel ist.

 

Centro Ambiental do Priolo – Naturpark- & Umweltzentrum des Priolo

Bereits im Lands of Priolo – Serra da Tronqueira & Planalto dos Graminhais – Naturschutzgebiet 6 km von Nordeste entfernt, liegt das Centro Ambiental do Priolo.

Ich habe das große Glück und Vergnügen mit hier mit Ana Mendonça treffen zu können. Sie setzt sich seit Anfang dieses Projektes mit einem permanenten Team von 10 bis 20 Mitarbeitern für diese Special Protected Area (SPA) ein.

Ana Mendonça kann mich mit ihrer Begeisterung von diesem Projekt sofort anstecken. Das Centro of Priolo gibt es seit der offiziellen Ernennung dieses 60 km² großen Schutzgebietes (SPA). Es ist ein Ort, wo den Besuchern die Bedeutung des Lorbeerwaldes und der Hochmoore für São Miguel und der Artenschutz z.B. des Azoren-Gimpels erklärt wird.

Centro do Priolo - Informationen über den Lebensraum des Azorengimpels, der Lorbeerwälder & Moore im Osten von Sao Miguel bei Nordeste - Azoren

Es gibt zwar offizielle Öffnungszeiten, aber gerade in der Nebensaison kann nicht immer sichergestellt werden, dass auch jemand vor Ort ist. Es ist daher sinnvoll, bei der Touristeninformation in Nordeste ein Tag zuvor einen Termin zu vereinbaren bzw. Bescheid zu sagen.

Centro Ambiental do Priolo klärt über gefährliche, invasive Pflanzen auf, die den Lebensraum Lorbeerwald, Moore & Azorengimpel bedrohen - Nordeste, Sao Miguel - Azoren

Mit zu den Hauptaufgaben von Ana Mendonça gehört, der Verschlechterung des noch verbleibenden natürlichen Lebensraums des Priolo durch invasiver gebietsfremder Arten Einhalt zu gebieten. Ana betont aber auch, dass nur durch Einbindung & Engagement der Menschen aus der Region das Lands of Priolo Projekt zum Erfolg werden konnte.

 

Einblick in den ursprünglichen Laurissilva / Lorbeerwald

Ganz in der Nähe – kurz vor dem Centro do Priolo – befindet sich ein kleines Waldstück, das soweit wieder renaturiert wurde, dass die Besucher hier auf kleinsten Raum, sehen und lernen können, was den ursprünglichen Lorbeerwald einst ausmachte.

Ursprünglicher Lorbeerwald ist deshalb so wichtig, weil er ein Zeitfenster in die ältesten Wälder ist, wie sie vor 20 Mio Jahren existierten - Nordeste, Sao Miguel - Azoren

Auf einem kurzen Rundgang und Lehrpfad zeigt sich das Gesicht eines Lorbeerwaldes. Verglichen mit dem, was sich ansonsten als Wald auf São Miguel und den anderen Azoreninseln zeigt, sind Lorbeerwälder weit „filigraner“, offener und lichtdurchlässiger.

Bedrohter Lorbeerwald beim Centro do Priolo zum Erkunden - Nordeste, Sao Miguel - Azoren

Azoren Lorbeer mit Blüten - Lorbeerwald der ursprünglichen Serra da Tronqueira im Osten von Sao Miguel - Nordeste, AzorenAzoren Lorbeer mit Blüten

Dieses Stückchen Lorbeerwald wurde renaturiert. Auf diese Weise kann der Besucher viele der typischen Pflanzen, die einen ursprünglichen Lorbeerwald ausmachen, kennenlernen.

Lorbeerblättriger Schneeball (Viburnum treleasei) - bedrohte endemische Pflanze der Lorbeerwälder der Azoren - Sao MiguelLorbeerblättriger Schneeball (Viburnum treleasei) – bedrohte endemische Pflanze

Vermutlich wird man ansonsten nie wieder so leicht, einer so großen Vielfalt an endemischen Pflanzen der Azoren gegenüberstehen.

Azoren Stechpalme (Ilex perado azorica) in der Blüte - Endemische Pflanze der Lorbeerwälder im Osten von Sao Miguel - NordesteAzoren Stechpalme (Ilex perado azorica)

Während ich hier mit Ana Mendonça durch diesen herrlichen Wald streune, versucht sie mit einem cleveren Trick die Azoren-Gimpel ausfindig zu machen. Sie hat auf ihren SmartPhone das lustige Gezwitscher und die Stimmen eines balzenden Priolo aufgenommen. Durch das Abspielen versucht sie, die sich im Dickicht versteckten Priolo zum Antworten zu bringen. Das soll auch meistens funktionieren.

Azoren Kirschlorbeer (Prunus azorica) - Beinahe ausgestorbene, endemische Pflanze, die in den Lorbeerwäldern vorkommt im Osten von Sao Miguel - Nordeste, AzorenAzoren Kirschlorbeer (Prunus azorica) – endemische, vom Aussterben bedrohte Pflanze

Heute regnet es leicht und anscheinend haben die Priolo keine Lust zum Singen oder um Aufzutauchen. Dann gibt es eben Fotos von diesem noch viel bunteren Exemplar von Rotkehlchen (Erithacus rubecula), das ständig um mich herumflattert und sich immer wieder neu in Pose setzt.

Hübschen Rotkehlchen im ursprünglichen Lorbeerwald - Centro do Priolo bei Nordeste - Sao Miguel, Azoren

Auch auf einer Fahrt durch die einsame Serra da Tronqueira kann die diese seltenen Lorbeerwälder erleben.

Einblick in die ursprünglichen Torfmoos-Landschaften & Hochmoore

Neben den Schutz und der Renaturierung der Lorbeerwälder, gilt es auch die Hochmoore & großen Torfmoos-Landschaften wie sie z.B. in der Planalto dos Graminhais zu finden sind, zu erhalten und zu erweitern.

Einst wurden die Moore und Torfmoos-Landschaften durch Entwässerungskanäle trockengelegt und in Viehweiden umgewandelt. Das soll jetzt in diesem großen Naturschutzgebiet von Graminhais & Serra da Tronqueira wieder rückgängig gemacht werden.

Invasive Pflanzenspezies (IAS) wie z.B. das Mammutblatt (Gunnera tinctoria) muss mühsam und manuell entfernt werden. Entwässerungsgräben müssen geschlossen werden und das Torfmoos wird in den neu erzeugten Überschwemmungsgebieten gepflanzt. Diese aktive Renaturierung wurde bereits auf einer Fläche von 75 Hektar durchgeführt.

Die Renaturierung der Hochmoore des Graminhais kommt nicht nur den Vögeln zu Gute, sondern vor allem auch den Menschen, denn diese benötigen noch weit mehr sauberes Wasser.

Spaziergänge und Wanderungen im Planalto dos Graminhais begeistern heute wieder mit schier endlosen Teppichen aus herrlich bunten Torfmoos.

 

Arbeit für die Region im Osten von São Miguel

Die Wiederherstellung dieser Lorbeerwald- und Hochmoor-Lebensräume ist eine kostspielige und sehr zeitaufwändige Anstrengung, die durch unwegsames Gelände noch zusätzlich erschwert wird. Die sehr steilen Hänge der Serra da Tronqueira erfordern zusätzlich eine Anpassung und Entwicklung von besonderen Techniken zur IAS-Kontrolle, Landstabilisierung und Regeneration der Vegetation.

Im Durchschnitt arbeitet ein 15-köpfiges Team fest angestellt, in dem Schutzgebiet. Nach dem mühsamen Entfernen der invasiven Spezies wird eine Bodenstabilisierung durchgeführt und das Gebiet mit einheimischen und endemischen Arten bepflanzt. Bisher wurden über 350 Hektar Lorbeerwälder restauriert.

Die einheimischen und endemischen Pflanzen für die Renaturierung werden in den Baumschulen der Region gezüchtet. Damit wurden neue Baumschulen notwendig. So und mit vielen anderen Dienstleistungen, die zum Projekterfolg beitragen, hat das Lands of Priolo Projekt eine weite positive Auswirkung auf die ländliche Region rund um Nordeste, die ansonsten von Abwanderung und Arbeitslosigkeit geprägt ist.

So geht es mit dem Terras do Priolo Projekt nicht nur um die Arterhaltung dieses Vogels. Worauf es Ana Mendonça und ihrem Team ankommt, ist, das große Ganze in den Augen zu behalten. Was in den Priolo investiert wird, steht für eine Investition in eine ganze Region um Nordeste und damit in die Azoreninsel São Miguel selbst.

Land of Priolo - Naturschutz, Symbol & Stolz der Region Nordeste auf den Schultern eines kleinen Vogels - Sao Miguel, Azoren

Denn für die Arbeit zur Verbesserung der Flora und Fauna gibt es eine Finanzspritze von der Europäischen Union. Das Großprojekt „Terras do Priolo“ wird mit rund 400.000 Euro jährlich unterstützt. 85% davon fließt direkt in die Wirtschaft der autonom regierten Azoren von Portugal. Hinzu kommen viele Vogelbegeisterte und Volontäre aus aller Welt, die jährlich mehrere Monate auf San Miguel leben und damit ebenfalls für Einnahmen sorgen.

Besonders die Region rund um Nordeste auf São Miguel hat von Projektinvestitionen, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Infrastruktur profitiert, während Tourismusunternehmen und Schulen durch das naturwissenschaftlichen Bildungsprogramm gewinnen.

 

Einbeziehung der Menschen in das Terras do Priolo

Es war eine Herausforderung, aus einem Naturschutzprojekt, das anfangs nicht als Priorität angesehen wurde, eine Entwicklungschance für eine Region zu machen. Heute blicken die meisten Einheimischen mit Stolz auf das Lands of Priolo Projekt.

Die Sensibilisierung der Bevölkerung, so sagt Ana, ist notwendig, um eine langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit des Projektes zu gewährleisten. Eines der übergeordneten Ziele ist deshalb die Maximierung positiver, sozio-ökonomischer Auswirkungen auf die lokale Ebene:

  • Schaffung von Arbeitsplätzen,
  • Ausgaben in der Region,
  • Bildungschancen für die Menschen der Region,
  • Schaffung von Infrastrukturen und
  • Bereitstellung von Ökosystem-Dienstleistungen

All diese großen Ziele wurden auf die Schultern dieses kleinen Vogels gepackt.

Dieser positive lokale Einfluss sowie die Schärfung des Bewusstseins der Bevölkerung, haben den Priolo zu einem Symbol für Nordeste gemacht. Die Lands of Priolo arbeiten jetzt daran, einen nachhaltigen Tourismus zu entwickeln, der zur Schonung der natürlichen Ressourcen und zur lokalen wirtschaftlichen Entwicklung beiträgt.

Das schöne Zentrum von Nordeste - Symbol des erfolgreichen Land of Priolo Projektes - Sao Miguel, Azoren

Erfolgsgeschichten wie Lands of Priolo bringen Hoffnung und zeigen, dass das Naturschutzprojekt, wie es hier in den letzten 15 Jahren umgesetzt wurde, einen Unterschied macht. Es werden mehr natürliche Lorbeerwälder geschaffen, ein Vogel, der als ausgestorben galt, zählt inzwischen wieder ca. 1000 Exemplare und die Torfmoos-Landschaften breiten sich wieder im Hochland von Graminhais aus.

Land of Priolo - Großes Naturschutzprojekt rund um die Serra da Tronqueira & Planalto dos Graminhais - Nordeste, im Osten von Sao Miguel - Azoren

Das spricht sich natürlich bei den Vogelliebhabern und bei den Naturfreunden herum. Langsam und doch mehr und mehr Naturliebhaber, die nach São Miguel kommen, finden inzwischen nicht nur die touristisch überlaufenen Hotspots der Insel, sondern auch die unberührte Natur und die friedvolle Stille, die den Osten und die Region um Nordeste ausmacht.

Region um Nordeste - Wilde, ursprüngliche Ostküste - Sao Miguel, Azoren

Die Arbeit des Lands of Priolo Projektes geht hoffentlich noch lange weiter, denn es ist die Natur, weswegen die Besucher auf die Azoren kommen – um den Zauber von mindestens „50 Shades of Green“ zu erleben.

 

Meine Tipps:

Vale das Lombadas - kleine Strasse aus Pflastersteinen führt den steilen Berghang hinunter in die Lombadas Schlucht - Sao Miguel, Azoren

  • Dass ich die wilde Schönheit des Ostens von São Miguel überhaupt entdecken durfte, habe ich großteils meinem engagierten Vermieter von den wunderschönen, naturnahen Tradicampo Eco Country Houses in der Nähe von Nordeste zu verdanken. Neben seinen liebevoll, einladenden Landhäusern, die von herrlichen Gärten umgeben sind, nimmt sich Ricardo für jeden seiner Gäste viel Zeit, um ihm in aller Ruhe von der Schönheit und den Naturgeheimnissen der Insel zu erzählen und Tipps dazu zu geben.

Wunderschöne urgemütliche Landhäuser zum Wohlfühlen: Tradicampo Eco Country Houses - Casa da Talha bei Nordeste - Sao Miguel - Azoren

  • Ricardo von den Tradicampo Eco Houses hat sich auch mit Leib und Seele dem Projekt Lands of Priolo verschrieben. Es ist inzwischen zu einer Marke geworden. Die Marke „O priolo agradece“ ist ein Netzwerk von Unternehmen, die an der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus in den Gemeinden des Nordostens und Povoação mitarbeiten und diesen umsetzen. Vielleicht möchtest du ja bei deiner nächsten Buchung auf dieses Markenzeichen achten und damit den nachhaltigen Tourismus unterstützen?

Tradicampo Eco Country Houses bei Nordeste - Casa da Thala: Wunderschöner Garten mit Ausblick auf Meer - Sao Miguel, Azoren

  • Viele weitere, inspirierende Beiträge zu São Miguel und anderen Azoreninseln findest du auf meinem Blog. Einige Lesetipps findest du am Ende des Beitrages unter „Weiterlesen & inspirieren lassen“. Viel Spaß beim Stöbern!

 

Favicon 40Dir gefällt mein Azoren Reisebericht? Dann unterstütze mich bitte & werde FB Fan von Passenger On Earth. Danke! Alle Reiseberichte nach Ländern -> Menü: Welt in Farbe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert