Pico Weinanbau & Welterbe: Wo Weine in Labyrinthen aus Lavamauern wachsen
Einst gehörte der Pico Wein zu den besten der Welt. Weinanbau hat auf der Azoreninsel Pico eine jahrhundertelange Tradition. Alles ist noch immer wie damals: Rebstöcke auf kleinsten Parzellen, geschützt von Steinwällen aus Lava. Auf kleinen Wanderungen kann man eintauchen in die Weingärten mit UNESCO Weltkulturerbe Status.
Die Pico Weinreben sind kaum zu erkennen, in den unendlich viele kleine Parzellen über große Weingärten hinweg. Die Felder, die oft wie riesige Irrgärten mit Schutzwällen aus Lavagestein aussehen, sind ein klares Indiz für den Weinanbau auf Pico.
An der Lavaküste finden sich in Stein eingebrannte Spuren von Ochsenkarren oder künstliche Schneisen, über die die Weinfässer ans Meer zum Verladen gebracht wurden.
Inhalt
- Die Geschichte des Weinanbaus auf der Azoreninsel Pico
- Wanderungen & Spaziergänge – Wo gibt es schönsten Weinterrassen von Pico?
- Porto da Prainha do Galeão nach São Mateus
- Geheimtipp: Miradouro da Pontinha – Weinhänge, Adegas & Grandiose Ausblicke
- Zona do Verdelho: Pico Weine von Criação Velha – Wanderung PR5 PIC
- Piscinas Naturais Laja das Rosas – Baden & Sonnenuntergänge
- Zona das Adegas – Pico Weine im Norden bei Arcos – Wanderung PR10 PIC
- Porto Cachorro:
- Ist der Weinanbau & das Weltkulturerbe Pico Wein dem Untergang geweiht?
- Terceira, Graciosa, Pico – Weine der Azoren
- Meine Tipps:
Die Azoreninsel Pico entfaltet mit ihrem dunklen Lavagestein, den pechschwarzen Häusern und saftig grünen Wiesen seinen ganz eigenen besonderen Charme.
Die Geschichte des Weinanbaus auf der Azoreninsel Pico
Bereits bei der Besiedlung 1460 wurden die ersten Verdelho-Reben gepflanzt, für die Pico später berühmt werden sollte.
Im großen Stil wurde der mit dem Weinanbau auf Pico aber erst nach den Vulkanausbrüchen um 1720 gestartet. Die einstigen Felder, auf denen Obst, Getreide und Gemüse angebaut wurde, waren nach den Vulkanausbrüchen von einer dicken Lavaschicht begraben und nicht mehr für die Felderbewirtschaftung nutzbar.
Die auf die Insel Pico eingewanderten Bauern aus Nordportugal und Flandern kamen auf die Idee, den nährstoffreichen, aber kargen Vulkanboden für den Weinanbau zu nutzen. Das Gelände wurde in kleinste Parzellen für den Weinanbau umgewandelt. In schweißtreibender und mühevoller Handarbeit wurden der Boden zuerst von dem großen, groben Steinen befreit und zu Steinhaufen aufgetürmt. Selbst heute kann man diese Steinhaufen – Moroiços genannt – immer noch auf einigen Weinanbau-Terrassen sehen.
Aus den kleineren Lavabrocken wurden Trockensteinmauern also ca. 1m hohe Steinwälle – Currais genannt – als Schutzbegrenzung für die Kleinstparzellen gebaut.
Zur Hochzeit des Weinanbaus auf Pico waren die Pico Weine sehr berühmt und wurden weltweit geschätzt. Lange unterdrückt von der Nachbarinsel Faial wurden die Verdelho-Weine zuerst nach Horta, Faial gebracht, dort als Faial Weine vor allem in die Herren- und Königshäuser von Europa exportiert. Der Pico Wein wurde sogar von Tolstoi erwähnt und zog selbst in die Weinkeller von Zar Nikolaus II ein.
Niedergang der Blütezeit des Pico Weins
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde durch Handelschiffe auf Pico – aber auch auf Terceira, Graciosa und São Miguel – die Reblaus eingeschleppt. Die Reblaus vernichtete binnen kürzester Zeit fast die gesamten Rebstöcke und Verdelho-Reben der Azoren.
Vielerorts wurde der Weinanbau nach der Vernichtung durch die Reblaus ganz eingestellt. Dort wo er weiterbetrieben wurde, wurden die Weinreben durch Rebenzüchtungen aus den USA ersetzt, die gegen das Ungeziefer resistent sind, aber nur mäßig bis minderwertig gute Weine hier erzeugten.
Erst ab den 1980er Jahren wurden mit Fördergelder und nach dem Azores Wine Conversation Plan wieder Edelweine gepflanzt und die teilweise Amerikareben ersetzt.
Auf Spaziergängen sind neben den bewirtschafteten Weingärten auch immer wieder verlassene, ein bisschen gespenstisch und traurig wirkende Weinterrassen zu sehen.
Wovor schützen die Lavamauern den Pico Wein?
Das zumindest war meine naive Frage, als ich das erste Mal vor den schier unendlichen Labyrinth aus Schutzwällen stand, die aus aufeinander gestapelten Lavabrocken bestehen.
Der offensichtlichste Grund sind die die stürmisch, sehr salzigen Winde des Atlantiks. Die Lavastein-Wälle schützen die Rebpflanze selbst, vor allem später aber auch die Weintrauben vor den oft aggressiven Meereswinden.
Der zweite Grund ist allerdings noch viel cleverer! Die Schutzmauern bilden eine Art Klimazelle für die Weinreben. Die schwarzen Steine speichern tagsüber die Wärme und geben sie nachts oder zu kühleren Zeiten wieder ab. So bleibt das Klima weit milder und die Wärme am Boden konstanter, als wenn die Weinrebe, den Gewalten des Wetters frei ausgesetzt wäre.
Wanderungen & Spaziergänge – Wo gibt es schönsten Weinterrassen von Pico?
Ein Teil der Currais (Lavastein-Wälle) und der Weinanbaugebiete auf Pico wurde 2004 von der UNESCO – wegen der Mischung aus ursprünglicher Lava-Natur und uralten Kulturpraktiken – zum Weltkulturerbe erklärt. Durch die Lavastein-Terrassen führen mehrere Spazier- und Wanderwege.
Porto da Prainha do Galeão nach São Mateus
Weniger bekannt, untouristisch, per Zufall gefunden und sozusagen ein Geheimtipp für Spaziergänge durch die schönsten Pico Weinanbaugebiete.
Bei São Caetano führt eine kleine Straße zum Porto da Prainha do Galeão. Hier befindet sich ein bei den Einheimischen beliebter Treffpunkt und Picknickplatz mit Bademöglichkeit.
Bevor es hier direkt an der Küste entlang geht, kann man noch ein Blick auf die typischen Bootshäuser – Casa dos Botes – werfen, die sich direkt an der Hafenrampe befinden. Hier wurden früher die Walfangboote untergebracht.
Gleich zu Beginn komme ich an den typischen Adegas vorbei. Eigentlich bedeutet Adega im Portugiesichen Weinkeller. Hier auf Pico werden vor allem die kleinen Häuschen in den Weinfeldern als Adega bezeichnet, in denen die Weintrauben verarbeitet und der Pico Wein gelagert wird.
Dann folgen weite Weinterrassen, die sich zur einen Seite entlang der Küste und
sich zur anderen Seite hin die Hänge hinaufziehen. Rot und Schwarz – das sind die typischen Farben für die Weinanbaugebiete der Verdelho Weine auf Pico.
So geht es hier direkt an der Küste entlang mit immer neuen faszinierenden Ausblicken.
Manchmal muss ich zweimal hinsehen, um die Rebstöcke auf den Steinparzellen ausfindig machen zu können. Die Reben auf den Azoren führen schon ein bisschen ein karges Dasein.
Die kleine Straße führt vorbei an einem recht unscheinbaren Leuchtturm – dem Farol de Sao Mateus.
Dann noch eine weitere Adega, wie sie so typisch sind auf Pico. Ursprünglich wurden sie alle ebenfalls aus den schwarzen Lavasteinen gebaut. Von weitem erkennbar sind sie dann nur, wegen ihrer bunten Fensterläden und Türen. Und wieder Rot-Schwarz – was zusammen mit dem Grün der Landschaft und dem grauem Nebeldunst eine faszinierende Atmosphäre erzeugt.
Die einfache Strecke von Porto da Prainha do Galeão nach São Mateus sind ca. 4 km. Ein einfacher, flacher Spaziergang.
Geheimtipp: Miradouro da Pontinha – Weinhänge, Adegas & Grandiose Ausblicke
So etwas wie den Miradouro da Ponthina finde ich nur, weil ich mich verfahren habe oder aus purer Neugierde & Abenteuerlust irgendwelche Pisten befahre, immer in der Hoffnung etwas Außergewöhnliches zu entdecken.
Der wirklich faszinierend stürmische Miradouro da Pontinha ist so ein Glückstreffer, den ich bislang in keinem Reiseführer gesehen habe, der mich aber sofort be- und verzaubert hat mit seinem Ausblicken auf den wild schäumenden Atlantik.
Weiße Schaumkronen auf hellem Türkis umgeben von dem tiefen Blau des Atlantiks, den schwarzen Lavaklippen von Pico angerichtet mit feinen grünen Gräsern. Ein Menüvorschlag für alle Sinne!
Peitschende Wellen, die sich mit lautem Getöse an den Lavaklippen brechen und in den Himmel fliegen wollen, können hier stundenlang beobachtet werden. Besonders schön ist aber diese Natürliche Brücke, die sich das tosende Meer über viele Jahrhunderte hinweg – wie ein Bildhauer – in die Lavafelsen von Pico gemeisselt hat.
Vom Miradouro da Pontinha – der auch über einige liebevolle, typische Picknickplätze verfügt – streift der Blick auch über die kleine Ansiedlung selbst mit ihren kleinen Weinparzellen-Irrgärten und den freundlichen Adegas.
Viele der ursprünglichen Adegas – „Weinkeller“ oder Weinaufbereitungs-Häuschen – sind inzwischen zu Ferienhäusern umgebaut worden und bieten so eine ganz besondere Art der Unterkunft auf Pico.
Vom Miradouro da Portinha führt ein kleines Sträßchen direkt durch das Dorf und einen Hang hinauf nach Grotas de Cima.
Ein super Aussichtspunkt, der über ein weites Labyrinth aus Lavamäuerchen – Currais – und Weinreben bis weit über den Atlantik hinweg blicken lässt, erreiche ich nach gut 1 km.
Portinha befindet sich nur ca. 1 km nach São Mateus Richtung Madalena.
Zona do Verdelho: Pico Weine von Criação Velha – Wanderung PR5 PIC
Die Zona do Verdelho – das alte Verdelho Weinanbaugbiet Picos – wird in jedem Reiseführer beschrieben. Sie ist sicherlich die touristische aller Pico Wein Erlebnisse und liegt direkt südlich von Madalena.
Ausgangpunkt dieser gut 10 km langen, flachen, leichten Wanderung – offiziell als PR5 PIC bezeichnet – ist die Kirche Nossa Senhora Das Candeias in Candelaria.
Von hier aus geht es gegenüber der Kirche hinunter zum Meer zum Porta da Ana Clara. Der Weg führt ein Stück oberhalb des Meeres an privaten Weinanbaufelder vorbei. Nach gut 1 km zweigt der Weg ab zum Meer, um dann die nächsten 2 km der Küste entlang zu führen.
Die meisten kürzen diese Wanderung aber ab und starten etwas nördlicher von Porto do Calhau oder noch etwas später bei Pocinho aus, was die ansonsten ca. 3-stündige Streckenwanderung PR5 PIC auf knapp 2 Stunden von Porto do Calhau oder 1,5 Stunden von Pocinho ausgehend verkürzt.
Pocinho ist eine steinige Badebucht mit natürlichen Meeresbecken und mit einem großen Picknickplatz. Von hier geht es ein Stück zurück nach Monte, um kurz danach wieder links über einen Ausläufer des Monte weiter zu führen.
Unten wieder am Meer angekommen, beginnt der schönste Bereich des Pico Weinanbaus. Entlang der Küste reihen sich Weinanbau-Terrasse an Weinanbau-Terrasse.
Dazwischen heben sich bunt die Adgeas ab, machen neugierig und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.
Dies ist auch der Teil, wo die Pico Weine seit Anbeginn angebaut wurden und wo riesigen Steinmauer-Labyrinthe noch am besten erhalten sind. Das Vorzeige-Weinanbau-Gebiet des vielseitigen Pico Weins.
Die Weingärten befinden sich südlich von Madalena und bei dem kleinen Dorf Criação Velha im Hintergrund, das auch diesem Wanderweg PR5 PIC seinen Namen gegeben hat.
Wer von der Küste die Schleife durch die historischen Weinfelder macht, kommt in den Genuss von tausenden dieser kleinen Parzellen, die durch Lavabrocken-Schutzwälle – Currais – begrenzt werden.
Eine Attraktion – und von weitem schon als roter Fleck am Currais-Horizont sichtbar – ist die kleine Windmühle Moinho do Frade.
Die historische Windmühle – Moinho do Frade – mit ihren strahlend roten Obergeschoss und Dach und seinen weißen Flügeln wurde einst genutzt, um Getreide zu mahlen. Im Sommer kann sie teilweise besichtigt werden. Das ganze Jahr über bietet sich ihr Balkon aber als eine herrliche Aussichtsplattform an.
Von nirgendwo kann man besser auf das Welterbe von Pico hinunterblicken und das Weinbaugebiet in der Gemeinde Criação Velha mit seinen abertausenden von Currais mit Weltkulturerbe Status überblicken, als vom Balkon der historischen Windmühle Moinho do Frade.
Wieder an der Küstenstraße angekommen, finden sich kleine Hinweissäulen mit roten Spitzen. Sie weisen auf die Relheiras hin. Bei den Relheiras handelt es sich um Räderspuren von Ochsenkarren, mit denen die Weine an die Küste transportiert wurden, um sie nach Faial zu verschiffen.
Neben den Relheiras wird auch über dieselben Markierungen auf Rola Pipas aufmerksam gemacht. Bei den Rola Pipas handelt es sich um künstliche Schneisen die in die Lavaküste geschlagen wurde. Diese Rola Pipas erleichterten den Fasstransport zu Boden, also das Rollen der Fässer zur Verschiffung.
Die Wanderung PR5 PIC endet entweder in dem kleinen Dorf Criação Velha oder kann auch noch entlang der Küste bis nach Areia Larga im Süden von Madalena verlängert werden.
Piscinas Naturais Laja das Rosas – Baden & Sonnenuntergänge
Am südlichen Ende dieses Weges – kurz nachdem man vom Berg Monte ans Meer kommt – befinden sich die Laja das Rosas. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um natürliche, durch Felsen geschützte Meerwasserbecken.
Wenn es heiß ist, sind sie eine willkommene Bademöglichkeit an diesem schönen Küstenabschnitt. Abends waren sie mein Lieblingsort um Sonnenuntergänge zu genießen und zu fotografieren.
Einfach zauberschön! – mit dem mächtigen Berg Pico im Rücken und auf die untergehenden Sonne und Faial blickend. In der Nebensaison muss ich hier diesen fulminanten und besten Spot für Sonnenuntergänge auf Pico mit kaum jemand anders teilen.
Und selbst bei wolkenverhangenen Wetter kann man mit ein bisschen Glück, einige Details & Landmarken der Azoren-Nachbarinsel Faial noch deutlich ausmachen.
Während im Vordergrund Faial mit seinem Hauptort Horta und dem vorgelagerten Monte da Gui zusehen ist, strahlt im Hintergrund die untergehende Sonne den Vulkan Capelinhos an.
Zona das Adegas – Pico Weine im Norden bei Arcos – Wanderung PR10 PIC
Ein weiteres von der UNESCO Weltkulturerbe gelistetes Gebiet für den Weinanbau und seine Kultur auf Pico liegt im Nordwesten der Azoreninsel.
Sie wird Zona das Adegas genannt und erstreckt sich zwischen Santana, Santa Luzia, Carito, Lajido und Acros in Richtung Madalena. Im Portugiesischen werden die Weltkulturerbe Landschaften des Pico Weins als Paisagem da Cultura da Vinha bezeichnet.
Die Wanderung PR10 PIC führt durch das Gebiet des Weinanbaus hier im Nordenwesten von Pico. Die gesamte, leichte aber längere Pico Wein Wanderung ist mit 16,5 km und 5 Stunden angegeben. Sie kann aber auch in beliebig kleinere Teilstrecken eingeteilt werden.
Die Wanderung PR10 PIC zieht sich von Santana an der Küste entlang bis Arcos. Dann ein Stück durch die Weinterrassen ins Inselinnere. Zurück geht wieder an die Küste des bezaubernden kleinen Ortes Lajido um dann über Santa Luzia in die dahinter liegenden Weingärten.
Direkt an der Küste sind auch wieder Rola Pipas, die Schneisen für den Fässertransport auf dem Boden, wie auch die Relhairas (Ochsenkarren-Spuren) in den Lavafelsen zu finden.
An der Wanderung PR10 PIC sind vor allem die Teilstrecken interessant, die nicht auch mit einem Auto befahren werden können.
Neben den weiten Currais Landschaften begeistert diese Gegend vor allem durch die pechschwarzen Häuser aus Lavasteinen, aus denen die herrlich leuchtenden Fensterläden und Türen ganz besonders hervorstechen.
Zur Blütezeit des Pico Weins waren dies alles Adegas, wie der Name Zona das Adegas schon vermuten lässt. Von überall her sind die Menschen zur Mithilfe bei der Weinernte gekommen, selbst von den Nachbarinseln. Untergebracht wurden sie in den Adegas. Hier wurde aber auch der Wein verarbeitet, gekeltert und dann in den Fässern gelagert.
Heute sind aus den meisten dieser malerischen Adegas Wochenend- und Ferienhäuser geworden.
Porto Cachorro:
Statt der ER1 lohnt es sich die kleine Küstenstraße nach Arcos zu fahren. Kurz vor Lajido geht ein kleines Stücken zur Küste hinunter nach Porto Cachorro.
Super enge Sträßchen zwängen sich zwischen den sympathisch schwarzen Häusern von Porto Cachorro hindurch. Dann steht der Besucher am Hafen. Auch hier weist die Beschilderung wieder auf eine steile, in die bizarren Felsküste geschlagene Schneise – Rola Pipas – die hinunter ans Wasser führt.
Das Highlight ist hier für mich in Porto Cachorro – neben der zauberhaften Siedlung – dieses faszinierende Labyrinth von Höhlen, Brücken, Schluchten, Felsbögen und Meeresbecken.
Überall donnert und zischt es laut und herein rasende Wellen schlagen laut auf tiefschwarze Lavaklippen und entladen sich unter lautem Getöse und einer gigantischen Gischtwolke.
Ich könnte hier stundenlang stehen und zusehen. Kleine Pfade führen hinein in das zerklüftete Labyrinth von versteinerten Lavamassen, die der Berg Pico einst ausspuckte.
Zwischen Madalena und Porto Cachorro
Auf dem Weg von Madalena nach Porto Cachorro begeistern noch viele Ausblicke über die Lavastein-Parzellen vom Anbau des Pico Weins. Da es sich aber um privates Gelände handelt, können sie nur vor den Zäunen stehend, bestaunt werden.
Inzwischen handelt es sich bei dieser Straße um eine beliebte Touristenstraße und es macht wenig Spaß hier entlang zu wandern. Für Radtouren bietet sich dieser flache, manchmal aber sehr windgepeitschte Küstenabschnitt an.
Im Gegensatz zu überall sonst, sind die Currais ganz im Nordwesten bei Madalena in Halbkreisen angelegt.
Ist der Weinanbau & das Weltkulturerbe Pico Wein dem Untergang geweiht?
Die Pflege der Weinreben und der Currais ist noch wie vor hunderten von Jahren. Maschinen können nicht eingesetzt werden, alles muss von Hand unter sehr aufwändigen Arbeitseinsatz gemacht werden. Aber ohne diesen Schutz der Lavamäuerchen, würden die Rebstöcke keinen nennenswerten Ertrag erzielen.
Jedes Frühjahr müssen die Weinreben in den vielen, vielen Labyrinthen erst einmal mühsam von Hand auf die neue Saison vorbereitet werden.
Ich wundere mich, dass ich nur ältere Männer über 60 auf den Feldern sehe. Meine Vermieterin verrät mir später, dass dieser Knochenjob von keinen jungen Leuten mehr gemacht wird. Härteste körperliche Arbeit für kaum Geld? Wer will das heute noch machen? Dazu muss schon sehr viel Liebe dabei sein, zu dem, was man tut.
Was ist, wenn diese heute 60- und 70-jährigen Männer die Arbeit auf den Weinterrassen nicht mehr verrichten können?
Die Fläche der bewirtschafteten Weinterrassen sind heute nur noch 10% von dem, wo einst auf Pico Wein angebaut werden. Wird es dann in 20 Jahren nur noch einen einzigen Ort auf Pico geben, der im Rahmen eines Freilichtmuseums dann noch zeigt, wie der berühmte Pico Wein einst angebaut wurde?
Veränderung ist eben die einzige Konstante im Leben. Auch wenn sie manchmal schwer fällt und es Abschied von einem Weltkulturerbe bedeutet.
Terceira, Graciosa, Pico – Weine der Azoren
Bereits seit dem 18. Jahrhundert sind vor allem die Süßweine der Azoren berühmt und geschätzt.
Es gibt nur drei DOCs (Anbaugebiete mit hochwertigen, geprüften Qualitätsweinen) auf den Azoren. Auf zwei dieser prämierten Anbaugebiete werden Süßweine produziert – die DOC Pico auf Pico und die DOC Bisciotos im Norden der von Terceira. DOC Süßweine müssen durch natürliche Fermentation einen Mindestalkoholgehalt von 16% erlangen und mindestens drei Jahre in Eichenfässern reifen. Empfohlene Rebsorten für ihre Herstellung sind neben weiteren zugelassenen Verdelho, Arinto und Terrantez und einige wenige mehr.
Die dritte kontrollierte Ursprungsbezeichnung, DOC Graciosa, stehen für frische, blumige Weißweine.
Während auf Graciosa und Terceira ausschließlich Weißweine produziert werden, gibt der Pico Wein die gesamte Palette von Weiß-, Rose- und Rotweinen her.
Unter der Bezeichnung Vinho Regional Açores wird ein weites Spektrum an frischen Weißweinen bis würzigen und trockenen Weißweine und leichteren bis schweren tiefroten, tanninreichen Rotweinen. Insgesamt spielen Weine von den Azoren für den Export keine große Rolle, weil dafür der Weinertrag zu gering ist.
Cellar Bar bei Madalena
Einzigartig, modern und Gewinner vieler Architekturpreise ist die Cellar Bar am Nordrand von Madalena. Im Gegensatz zu den nur saisonal geöffneten Adegas, ist hier immer geöffnet.
Allein schon die Architektur der Cellar Bar ist ein Besuch wert. Für mich sieht sie aus wie ein etwas seltsames Schneckengehäuse oder etwa doch eher ein futuristischer Rebstock? Zumindest regt das Gebäude die Fantasie an!
Wer möchte kann hier die bekanntesten Pico Weine und viele andere Azoren-Weine probieren.
Bei schlechtem Wetter gibt es drinnen, schöne spacige Räumlichkeiten. Bei Sonne bietet sich die Dach-Terrasse an mit einem herrlichen Ausblick auf den Atlantik.
Meine Tipps:
- Alle hier beschriebenen Spaziergänge oder Wanderungen können auch mit dem Auto „gefahren“ werden. Es handelt sich um kleine oder sehr kleine Nebenstraßen, die von den Einheimischen als Verbindungsstraßen benutzt werden. Die Straße im Süden wie auch an der Nordküste ist geteert. Die kleinen ungeteerten Abstecher sollten dann als kleine Spaziergänge gemacht werden.
- Anmerkung: Alle Wanderungen oder Spaziergänge sind Streckenwanderungen und man muss entweder wieder zurück gehen, trampen oder sich ein Taxi nehmen. Busse sind sehr selten.
- In der Nähe von Madalena auf der Straße zum Flughafen befindet sich das Museau do Vinho, das ebenfalls ein Besuch wert sein soll.
- Übernachtungsempfehlung für Pico: ca. 25 km östlich von Madalena liegt ganz verträumt der kleine, charmante Küstenort São João. An einem Berg, wo einst ein Walausguck war, liegt heute wunderschön das Miradouro da Papalva Guest House Inn. Mit ein bisschen Glück kannst du von hier aus immer noch Wale beobachten. Das liebevoll eingerichtete Miradouro da Papalva Guest House Inn hat 5 schöne Zimmer, eine Outdoor-Küche. Vor allem aber der Pico im Rücken, ein atemberaubender Ausblick auf den Ort und die weite Atlantikküste machen den Pico Aufenthalt zu einem ganz besonders schönem, erholsamen Erlebnis.
Helena, die Managerin, hat viele tolle Tipps auf Lager, immer ein Lächeln für ihre Gäste und hilft gerne, bei allen Fragen.
- Mietwagenempfehlung: Es macht Sinn sich einen Mietwagen zu nehmen, da Unternehmungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum möglich sind. Mietwagen sind zwar nicht super günstig auf den kleinen Inseln mit wenig Konkurrenz, aber flexibler und günstiger als immer ein Taxi zu nehmen. Ich habe meinen Mietwagen sowohl auf Pico wie auch auf Sao Jorge von Autatlantis, einem lokalen, freundlichen, sehr flexiblen Autovermieter gemietet und nur gute Erfahrungen mit ihm gemacht.
- Pico war einst die Insel der Walfänger. Heute fahren die Boote von Lajes aus nur wenige hundert Meter aus dem Hafen heraus, um Touristen die Größten der großen Meeressäuger zu zeigen. Manche Wale – Blauwale, Finnwale, Buckelwale – sind nur zu bestimmten Zeiten hier anzutreffen. Pottwale das ganze Jahr über. Was du bei einer solchen Walbeobachtung typischerweise alles erleben kannst, findest du hier: Walbeobachtung auf Pico & beste Azoren-Insel für Blauwale, Finnwale, Pottwale
- Weitere Empfehlungen zu den Azoren findest du unter „Weiterlesen und inspirieren lassen“ am Ende dieses Beitrages oder unter dem Menüpunkt „Azoren“. Viel Spaß beim Stöbern!
Kann dich dieses Pico Wein Kulturerbe auch begeistern? Schafft es die zauberschöne Azoreninsel auf deine Reisewunschliste? Pico zählt für mich zu den schönsten, vielfältigsten, am wenig touristische Insel im Azoren Archipel. Fragen, Kommentare? Ich freue mich!
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