Ries-Ereignis – Schönste Geotope erklären Rieskrater-Entstehung
Das Ries-Ereignis hat vor 14,5 Mio. Jahren in Sekunden die Erdkruste bis in 4,5 km Tiefe mächtig durchgemischt. Der Nationale Geopark Ries begeistert mit seinen Erlebnis-Geotopen, Steinbrüchen, Felsen & Höhlen im Rieskrater und ermöglicht eine faszinierende Zeitreise und den Einblick in die Geologie unserer Erde.
Der durch das Ries-Ereignis entstandene Rieskrater gehört zu den besterhaltenen & erforschten Einschlagskratern unsere Erde. Überall im Donau-Ries bieten Geotope, Steinbrüche und Felsen Einblicke in die Entstehungsgeschichte unserer Erdkruste.
Die Entstehungsgeschichte & Landschaft des Ries, sowie einige der schönsten „Fenster“ in diese Erdgeschichte möchte ich dir in diesem Beitrag vorstellen.
Inhalt
- Das Ries-Ereignis – Wie entstand der Rieskrater?
- Geotope & Geologische Besonderheiten im Geopark Ries
- Erlebnis-Geotop Lindle – südlich von Nördlingen
- Geotop Kalvarienberg – Gosheim
- Suevit-Steinbruch Aumühle – Hainsfarth
- Suevit-Steinbruch Altenbürg
- Suevit – Schwabenstein: vom Ries-Ereignis zum Baumaterial
- Weitere geologische Besonderheiten im Geopark Ries
- Ries-Ereignis: Asteroid, Meteoroid, Meteor & Meteoriten-Einschlag?
- Meine Tipps:
[ Werbehinweis: diese Donau-Ries-Erkundung wurde teilweise unterstützt durch das Ferienland Donau-Ries ]
Das Ries-Ereignis liest sich heute wie ein spannender Endzeit-Thriller, nur dass diese kosmische Katastrophe vor 14,5 Millionen Jahren nicht das Ende war, sondern der Anfang der faszinierenden Kraterlandschaft Nördlinger-Ries, wie wir es heute erleben können.
Das Ries-Ereignis – Wie entstand der Rieskrater?
Als Ries-Ereignis – oder auch Ries-Impakt – wird der Asteroideneinschlag vor ca. 14,5 Millionen Jahren bezeichnet. Ein Asteroid mit ungefähr 1000 m Durchmesser und sein Mond mit ca. 150 m befanden sich auf Kollisionskurs mit der Erde. Sie rasten in wenigen Sekunden durch die Erdatmosphäre mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 km/s bzw. 72.000 km/h. Sie erzeugten zwei Krater mit Durchmessern von 25 km und 4 km: Das Nördlinger Ries und das Steinheimer Becken.
Ries-Ereignis: Einschlag & Kompression
Schon Sekundenbruchteile vor dem Aufschlag wurde die zwischen dem Asteroiden und der Erdoberfläche befindliche Luft extrem zusammengepresst und erhitzt. Erdboden, Sand und Geröll verdampften schlagartig und wurden zusammen mit der komprimierten Luft seitlich unter dem Asteroiden herausgedrückt. Der Auswurf erfolgte mit einer Geschwindigkeit, die jene des Asteroiden noch um ein Vielfaches übertraf. Geschmolzenes Oberflächenmaterial wurde mit einer noch höheren Geschwindigkeit bis zu 450 km weit geschleudert. Zu kleinen Glastropfen erstarrt werden diese Schmelztropfen noch heute im Gebiet Böhmen und Mähren gefunden und als Moldavite bezeichnet.
Der Impaktor durchschlug die Erdoberfläche und drang bis ca. 1 km tief in das Grundgebirge ein. Sowohl der Asteroid als auch das umgebende Gestein wurden auf weniger als die Hälfte ihres ursprünglichen Volumens komprimiert. Bei einem Druck von einigen Millionen Bar und Temperaturen bis zu 30.000 °C verdampften der Asteroid sowie das umgebende Gestein schlagartig in Sekundenbruchteilen nach dem Auftreffen.
Eine Stoßwelle treibt die infernale Hitze der Explosion vor sich her und rast mit Schallgeschwindigkeit durch das tiefer liegende Gestein. verdichtet es und führt zur Bildung von Hochdruckmineralen wie Coesit, Stishovit und Diamant. Kilometerweit um den Einschlagspunkt wurde das Gestein deformiert und unter dem Druck verflüssigt.
Ries-Ereignis: Primärer Rieskrater & sein Kollaps
Der Primärkrater, der sich bereits nach wenigen Sekunden nach der Explosion ausgebildet hat, misst eine Tiefe von ca. 4,5 km und erreicht einen Durchmesser von ca. 12 km.
Das beim Einschlag verdampfte Gestein des kristallinen Grundgebirges und zertrümmertes Gestein aus anderen Tiefen schießen als Eruptionssäule bis zu 100 km weit in die Atmosphäre. Es bildet sich eine heiße Glutwolke aus Stein über dem Krater.
Gleichzeitig werden Trümmer aus dem Inneren des Kraters kegelförmig herausgeschleudert (ballistischer Auswurf). Gesteinsblöcke und teils kilometergroße Schollen rutschen über die instabile Randzone des Primärkraters. Der Durchmesser des Kraters weitet sich schnell auf ca. 25 km.
Nach dem Durchlauf der Stoßwelle federt das komprimierte Gestein zurück. Der Kraterboden hebt sich und im Zentrum bildet sich ein Zentralberg mit einem inneren Ringwall. Auch der Zentralberg ist nicht stabil und sinkt wieder ab. Im Gegenzug werden Gesteinsbrocken weiter außen hochgedrückt und bilden so einen konzentrischen inneren Ringwall, der heute noch erkennbar ist.
Ries-Ereignis: Bunte Trümmermassen & kollabierende Glutwolke
Die aus unterschiedlichsten Tiefen durchmischten, herausgeschleuderten Gesteinsmassen bilden bis zu einer Entfernung von 50 km um den Krater eine geschlossene, ca. 100 m tiefe Gesteinsdecke, die als Bunte Trümmermassen oder Bunte Breccie bezeichnet wird.
Der Primärkrater kollabiert bereits nach ca. 1 Minute und misst dann nur noch eine Tiefe von ca. 500 m. Die heiße Glutwolke aus zermahlenem Gestein und erstarrten Schmelzen fällt wenige Minuten später in sich zusammen und regnet sich als heiße, ca. 400 m mächtige Schicht im Krater und in isolierten Bereichen auf den Bunten Trümmermassen außerhalb des Kraters ab.
Kaum zu glauben, aber bereits nach wenigen Minuten sind alle Gesteinsbewegungen beendet und alles Leben im Umkreis von mehr als 100 km ausgelöscht.
Das verfestigte Material aus der Glutwolke – Suevit genannt – und die Bunten Trümmermassen bilden heute ein für das Nördlinger Ries typisches Impaktgestein. Schätzungen gehen davon aus, dass die mächtige Suevitschicht im Krater rund 2000 Jahre benötigte, um sich von 600 °C auf 100 °C abzukühlen.
Geotope & Geologische Besonderheiten im Geopark Ries
Die Auswirkungen des Ries-Ereignisses auf die Erdkruste im und rund um den Rieskrater kann der Besucher heute vor allem in den 6 ausgezeichneten Geotopen, aber auch in vielen Steinbrüchen, geologischen Aufschlüssen, Höhlen und Felsabbrüchen erkunden.
Der Vorteil der sechs ausgezeichneten und ausgebauten Geotope – Geotop Lindle, Geotop Kalvarienberg, Geotop Glaubenberg, Geotop Klosterberg, Geotop Kühstein, Geotop Kalvarienberg Wörnitzstein – ist, dass hier nicht nur die besondere Schönheit und seltene geologische Phänomene im Vordergrund stehen, sondern auf Lehrpfaden ein umfassendes Bild des Ries-Ereignisses vermittelt wird.
Informations- und Ereignistafeln zum Ries-Ereignis der geologischen Besonderheit des jeweiligen Ortes finden sich bei allen dieser „Fenster in die Erdgeschichte“.
Erlebnis-Geotop Lindle – südlich von Nördlingen
Das meiner Meinung nach schönste , eindrucksvollste & abwechslungsreichste Geotop im Geopark Ries ist das Erlebnis-Geotop Lindle. Das Geotop Lindle befindet sich ca. 5 km südlich von Nördlingen am südwestlichen Kraterrand.
Der beim Ries-Ereignis geformte Randgürtel aus größeren Gesteinsschollen nennt sich die Megablock-Zone. Das „Lindle“ ist der ehemalige Arlt Steinbruch und befindet sich in einer verkippten Malmkalkscholle. Damit ermöglicht das Lindle einen sehr guten Einblick in den Aufbau eines solchen Megablocks und den dafür typischen, nur relativ geringfügig kratereinwärts abgeglittenen (parautochthonen) Schollen.
Anfahrt & Parken: Das Geotop Lindle liegt südöstlich von Holheim und ist gut ausgeschildert. Geparkt werden kann entlang der Sackgasse „Am Lindle“ in der Höhe des Literaturcafés. Hier befindet sich auch der Eingang & Lehrpfad Lindle.
Lehrpfad durch das Geotop Lindle
Gleich im Eingangsbereich des Geotops rechts befinden sich einige Gesteinsbrocken aus dem Steinbruch an welchen die Besucher selbst mit dem Hammer klopfen dürfen!
Mit etwas Glück stößt man hier auf Feuerstein oder findet ihn in gröberen, herumliegenden Gesteinsknollen. Wegen seiner großen Härte und der äußerst scharfen Schlagkanten wurde der Feuerstein in der Steinzeit für schneidende Werkzeuge und Waffen verwendet.Bereits im „Kessel“ des Geotops bietet sich ein großartiger Ausblick auf die verschiedenen Felswände, des einstigen Steinbruchs.
Noch besser werden die Ausblicke auf der ersten Plattform-Ebene. Hier hat der Besucher einen herrlichen Ausblick z.B. auf Nördlingen und die angrenzende, bewaldete Marienhöhe, die Teil des Inneren Ringes des Rieskarters ist.
Von dieser kleinen Anhöhe hat man auch den besten Ausblick auf das, was das Ries-Ereignis mit den Gesteinsschichten der Erdkruste gemacht hat.
Bei einem Blick auf die Aufschlusswand werden vor allem die unterschiedliche Strukturen der hauptsächlich aus Weißjura-Kalk bestehenden Felswand deutlich. Gebiete aus bankig aufgebauten Kalkblöcken unterscheiden sich von Gebieten die durch die Schockwelle des Ries-Ereignisses vollständig zu Gries zertrümmert wurden.
Bei den bankigen Kalkblöcken konnte sich die Stoßwelle entlang der Fugen zwischen den Platten zumindest teilweise entladen und die Zertrümmerung (Brecciierung) erfolgte nur zu kleinstückigen Brocken.
Typisch für das Ries-Ereignis ist auch, dass sich durch die Explosion und dem Kollaps des Primärkraters untere weit ältere Gesteinsschichten über die jüngsten Gesteinsschichten geschoben haben und so eine inverse Lagerung entstand.
So sind an der Felswand Stellen zu finden, wo statt dem jungen Weißjura jetzt der Braunjura mit seinem roten Eisensandstein sich direkt unter der Oberfläche befindet.
Auch die Bunten Trümmermassen (Bunte Breccie) die Hauptauswurfmasse beim Ries-Ereignis treten hier immer wieder an die Oberfläche. Sie wurden durch die explosionsartige Verdampfung beim Meteoriteneinschlag aus verschieden tiefen Gesteinsschichten aus dem Krater herausgeschleudert und zeichnen sich dadurch auch durch verschiedne Gesteinsfarben aus.
Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich über der Aufschlusswand eine schöne Aussichtsplattform von der aus man das ganze Geotop Lindle herrlich überblicken kann.
Der Ausblick reicht hier sogar – bei besserer Fernsicht – nicht nur bis Nördlingen, sondern weit über das Nördlinger Ries und über den äußeren Kraterrand hinweg.
Geotop Lindle – schützenswertes Biotop
Vielfältige Gesteine ermöglichten die Bildung von unterschiedlichen Böden. Das Lindle ist daher nicht nur Geotop, sondern auch ein wichtiges Biotop für Pflanzen und Tiere.
Die offenen Felswände des Geotops Lindle dienen mit ihren Felsvorsprüngen und Felsspalten Vögeln als Brutplatz. Für viele Tierarten sind darüber hinaus die in Mulden entstehenden temporären Flachwassertümpel von großer Bedeutung. Sie sind Laichgewässer z.B. für die die selten gewordenen Gelbbauchunken, Kreuzkröten und Molche und ein Entwicklungsraum von verschiedensten Insektenlarven und Schmetterlingen.
Die eingezäunte grüne „Wiese“ wird so wiederum zum Lebensraum / Esszimmer von Vögeln und Kleinsäugern.
Da aus naturschutzrechtlichen Gründen der Steinbruch und die Felswände dauerhaft offen gehalten werden müssen, wird immer wieder eine kleine Ziegenherde hierhergebracht, um den Pflanzenbewuchs niedrig zu halten und eine Verbuschung zu verhindern.
Der Astronauten-Steinbruch
Direkt hinter dem ehemaligen Arlt Steinbruch befindet sich der alte Steinbruch Siegling. Er kann nicht betreten, aber von einem kleinen hölzernen Turm aus betrachtet werden.
Der private Siegling Steinbruch wurde kurzer Hand zum Astronauten-Steinbruch, da hier im August 1970 die Crew der Apollo 14-Mission ein Feldtraining im Rieskrater durchführten, um sich geologisch auf ihre Mondmission vorzubereiten.
Das Ries-Ereignis und sein Impaktkrater zählt zu den am besten erforschten Einschlagskratern der Erde. Die Astronauten sollten hier die für Impaktkrater typischen Gesteine kennenlernen und die inverse Lagerung von Impakt-Gesteinsformationen studieren.
Es gibt zwei Varianten, um das Geotop Lindle zu erkunden. Der „längere Weg“ ist 3 km lang, der kürzere 1,8 km. Ich empfehle die kürzere Variante, weil nur dieser an der schönen hölzernen Aussichtsplattform direkt vorbei führt.
Geotop Kalvarienberg – Gosheim
Auch das Geotop Kalvarienberg bei Huisheim-Gosheim befindet sich in der Megablockzone zwischen Inneren und Äußerem Ries-Kraterrand – dieses Mal aber im Osten.
Hier erstrecken sich allochthone (ortsfremde, weit gegenüber dem ursprünglichen Lage transportierte) Gesteinsschollen in Nord-Süd-Ausdehnung von mehreren hundert Metern, die auch den gesamten Kalvarienberg und Flachsberg aufbauen. Dieses Fenster in die Erdgeschichte zeigt einmal mehr die dynamischen Prozesse, die sich während des Ries-Ereignisses im Bereich der Megaschollen abgespielt haben.
Lehrpfad Geotop Kalvarienberg Gosheim
Die unvorstellbare Energie, der beim Ries-Impakt erzeugten Druckwelle hat diese Weißjura-Scholle über mehrere Kilometer gen Osten bewegt. Die Schichtabfolge ist auch hier wieder überkippt. Dadurch liegen die älteren Malm Beta-Kalke über den jüngeren Malm Gamma-Kalken.
Die Platten der beschleunigten Scholle wurden infolge der Bremswirkung teilweise gestaucht und in Falten gelegt. Diese Stauchfalten sind an mehreren Stellen im Steinbruch zu sehen.
Die überkippten Gesteinsschichten sind auch hier mit Bunten Breccie überlagert und ganz oben auf liegt die Suevit-Schicht aus der kollabierten Glutwolke.
Eine Besonderheit des Geotops Kalvarienberg ist ihr Fossilienreichtum. Ries-Belemniten (innere Skelettrester kleiner Tintenfisch-Verwandter) wurden durch die Schockwelle beim Ries-Ereignis in dünne Scheibchen zerbrochen. Später wurden sie dann, zum Teil gegeneinander verschoben, wieder zusammen gekittet.
Wer allerdings kein Geologe ist und ohne Führung hier unterwegs ist, hat vermutlich keine Möglichkeiten solche Strukturen im Gestein ausfindig zu machen.
Kurze Geotop Kalvarienberg Gosheim Runde
Die kurze Runde im Geotop Kalvarienberg Gosheim führt durch den ehemaligen Steinbruch und dann entlang eines Kreuzweges aus dem 19. Jahrhundert hinauf auf den Kalvarienberg zu der kleinen Herz-Jesu-Kapelle mit dem großen Kreuz „Gosheimer Golgatha“.
Für alle, die sich die Beine etwas länger vertreten wollen, auch die 16 km lange Monheim Alb 16 Rundwanderung kommt hier am Kalvarienberg Gosheim vorbei.
Von hier oben haben die Besucher einen fantastischen Ausblick über Gosheim, den ganzen Rieskrater hinweg gen Westen – bei guter Fernsicht – bis zum Zeugenberg / Ipf!
Hier oben gibt es sogar ein wunderschön gelegenes Picknickplätzchen bei dem sich der Ausblick herrlich genießen lässt. Wer allerdings hier in dieser wunderschönen Natur auf die Idee gekommen ist, Tisch und Bank aus billigen Plastik aufzustellen, der gehört … ich kann da nur verständnislos den Kopf schütteln.Bei dem kleinen Aussichtspunkt am Waldrand unterhalb der Kapelle geht es wieder zurück zum Parkplatz.
Die kurze Kalvarienberg Runde mit Lehrpfad misst gerade einmal 1km mit einer Gehzeit von ca. 20 Minuten.
Anfahrt & Parken: Huisheim-Gosheim, der Parkplatz zum Geotop befindet sich Ecke: Grüner Weg / Am Kalvarienberg
Abstecher zum ehemaligen Schloss / Burg Gosheim
Wer schon in Gosheim ist, kann sich auch kurz noch die Burg oder auch ehemaliges Schloss Gosheim ansehen. Es ist heute in Privatbesitz, aber auch einfach nur von außen, ist es eine Sehenswürdigkeit.
Kirche und Schloss mit einer umlaufenden Mauer, stehen auf einem alten Burgstall, der durch einem Wall und einen Wassergraben gesichert war. Erhalten blieb von der alten Burg außer Mauer und Graben der romanische Unterbau des Bergfrieds, auf den der Kirchturm aufgesetzt ist.
Suevit-Steinbruch Aumühle – Hainsfarth
Der Suevit-Steinbruch Aumühle liegt nördlich von Oettingen – in der Nähe des nordöstlichen Ries-Kraterrandes – und zählt zu den schönsten Geotopen Bayerns.
Warum das so ist, erkennt der Besucher gleich nach den ersten Metern im Steinbruch Aumühle. Nirgendwo sonst kann man im Geopark Ries so deutlich sehen, wie das Suevit (aufgeschmolzenen Gesteinsfragmente) die Bunten Trümmermassen (Bunte Breccie) eingeschlossen hat.
Für mich sind der Steinbruch Aumühle zusammen mit dem Lindle die schönsten oder besser gesagt außergewöhnlichsten Geotope im Nördlinger- / Donau-Ries, wenn es darum geht einen Einblick zu bekommen, welche Auswirkungen das Ries-Ereignis auf die Erdoberfläche hatte.
Als Folge des Ries-Ereignisses sind hier Gesteine aus mehr als 600 m Tiefe an die Oberfläche katapultiert worden.
Die Bunte Breccie (nicht aufgeschmolzene Gesteinstrümmer) setzt sich aus Doggersandsteinen, Keupersand und Keuper-Tonsteinen sowie Kristallinem Grundgebirge zusammen – also aus Gneisen und Graniten des Grundgebirges, rote und braune Trias-Sedimente und Kalke des Oberen Jura.
Ganz anders und sehr eindrucksvoll ist eine Scholle an der Ostwand des Steinbruches. Hier stehen eisenschüssige, sandige Ton- und Sandsteine sowie einzelne Kalksandsteinbänkchen mit wolkig verteilten Eisenooiden des Mittleren und Oberen Doggers an.
Dieser Gesteinsbrocken wird oben und seitlich von weißen Keupersanden und bordeauxroten Keupertonen umhüllt. Aus den Lagerungsverhältnissen kann man auf eine Bewegung der Bunten Trümmermassen unter hohem Druck schließen. Man nimmt an, dass der Gesteinsbrocken nach dem Einschlag über die Erdoberfläche gerollt ist, bevor er kurz darauf von der zurückfallenden Glutwolke zugedeckt wurde.
Anmerkung: der Steinbruch Aumühle ist ein noch aktiv genutzter Steinbruch, bei dem auch gesprengt wird. Daher unbedingt – vor allem werktags – Zugangserlaubnis der Fa. Märker Zement in Harburg, Tel: 09080 8278 einholen.
Anfahrt & Parken: Ich hatte etwas Mühe, den Steinbruch Aumühle zu finden – hier die GPS Koordinaten – Breitengrad: 48.971423, Längengrad: 10.629084
Suevit-Steinbruch Altenbürg
Der aufgelassene Steinbruch Altenbürg befindet sich ca. 2,5 km südwestlich von Utzmemmingen und liegt ebenfalls in der südwestlichen Megablockzone.
Es ist der einzige größere Suevit-Steinbruch in Baden-Württemberg (direkt an der Landesgrenze zu Bayern). Aus dem Steinbruch Altenbürg stammen die Suevitblöcke, die u.a. für den Bau des Daniel, Kirche St. Georg, Rathaus und für Teile der Stadtmauer in Nördlingen verwendet wurden.
Bemerkenswert ist, dass die Lagerung des Suevits im Steinbruch Altenbürg lange als Vulkanschlot interpretiert wurde. Denn man sieht hier einen Suevit-Pfropfen, der scheinbar wie ein vulkanischer Schlot die Kalksteinlagen durchbrochen hat. Der Steinbruch Altenbürg galt bis 1960 als Referenz-Steinbruch für die vulkanische Entstehung des Ries-Kraters.
Erst der Nachweis der Quarz-Hochdruckminerale Coesit und Stishovit widerlegte die Vulkantheorie und bestätigte die Impakttheorie. Heute geht man davon aus, dass es sich hier um Weißjura-Kalke handelt, die beim Einschlag zerrüttet und bewegt wurden, um dann direkt mit heißem Suevitmaterial aufgefüllt zu werden.
Die ca. 20 m hohe Nordwand des Steinbruchs schließt stark verwitterten, gelblich-grüngrauen Suevit auf. An der Ostseite wird der Suevit fast vertikal von Bankkalken mit eingeschalteten Mergeln des Malm Gamma (Weißjura) begrenzt. Das Kontaktgestein an der Westseite besteht aus teilweise brecciierten Schwammkalken des Weißjuras.
Anfahrt & Parken: gegenüber vom Parkplatz Riegelberg ist der Weg zum Jagdhaus Alte Bürg ausgewiesen. Von dort sind es dann ca. 300m zu Fuß. Der Schlüssel zum Steinbruch muss bei der Waldwirtschaft abgeholt werden.
Suevit – Schwabenstein: vom Ries-Ereignis zum Baumaterial
Der Ries-Impakt bzw. die herausgeschleuderte Glutwolke schuf ein neues Gestein: den Suevit (von suevia, lateinisch für Schwaben). Dem Suevit begegnet man heute überall im Nördlinger Ries.
Der Suevit ist ebenfalls ein Trümmergestein (Breccie), das überwiegend aus Bruchstücken von Graniten und Gneisen (Grundgebirge) und aus Fetzen von aufgeschmolzenem Grundgebirge (dunklen Glas-Flädle) besteht. Der Suevit hat sich gebildet, als die Glutwolke kollabierte und als Steinregen niederging und mit einer bis zu 400 m dicken Schicht den Rieskrater bedeckte.
Heute prägt dieses Suevit-Gestein das gesamte Riesgebiet. Die Römer und später auch die mittelalterlichen Baumeister nutzten Suevit als Baumaterial. Viele historische Gebäude im Donau-Ries bestehen daher aus diesem Gestein. So wurde z.B. die St. Georgskirche mit ihrem Turm „Daniel“ in Nördlingen fast ganz aus Suevit gebaut. Auch die Burg Katzenstein, die Harburg und viele Dorfkirchen im Ries wurden aus Suevit gebaut.
Selbst in München kann man Suevit aus dem Ries bewundern, beispielsweise am Deutschen Museum und am ehemaligen Königlich Bayerischen Verkehrsministerium.
Der hellgraue Suevit wird auch heute noch als Rohstoff für die Herstellung von Spezialzement abgebaut.
Weitere geologische Besonderheiten im Geopark Ries
Da der gesamte Rieskrater und seine Ränder eine besondere, geologische Sehenswürdigkeit darstellen, kann ich natürlich all den Geotopen, Steinbrüchen, Höhlen, Felsen in einem Beitrag gar nicht gerecht werden.
Ich möchte hier allerdings noch einige weitere, bedeutende Geopark-Sehenswürdigkeiten vorstellen, denen ich auf dem wunderschönen Schäferweg (einer 18 km Rundwanderung südlich von Nördlingen) begegnet bin.
Riegelberg & Ofnethöhlen
Zu den bemerkenswerten Sehenswürdigkeiten im Donau-Ries und zu den Top 100 Geotopen in Bayern gehört auch der Riegelberg mit seinen Offnethöhlen.
Beim Riegelberg handelt es sich um einen Höhenrücken, der am Riesrand südwestlich von Nördlingen / Utzmemmingen liegt. Der Riegelberg ist auch bekannt unter dem Namen „Himmelreich“.
Geologisch handelt es sich um eine parautochthone (ortsnahe, nur wenig gegenüber der ursprünglichen Lage verschobenen) Scholle. Auch beim Riegelberg handelt es sich um einen Megablock, der zwischen dem inneren und äußeren Ries-Kraterrand liegt (Megablockzone).
Der Riegelberg besteht aus bankigen Kalksteinen des Malm Delta und an seinem südöstlichen Ende aus Riffkalken des Malm Delta-Zeta.
Am Südwestrand des fast 2 Kilometer langen und 1 km breitenRiegelberg-Höhenrückens befinden sich die bekannten Ofnethöhlen – die Große Ofnethöhle und die Kleine Ofnethöhle.
Überregional bekannt wurden die Ofnethöhlen durch großartige Funde. So wurden Steinwerkzeuge und tierische Knochen aus der Zeit von 3 bis 5.000 v. Chr. gefunden. Am spektakulärsten waren aber die zwei Schädelfundstellen mit 33 Schädeln aus dem Mesolithikum (ca. 6000 v. Chr.) in der Großen Ofnethöhle.
Von Höhenrücken des Riegelbergs hat der Besucher einen fantastischer Panorama-Rundblick über die südwestliche Rieskrater-Landschaft.
Anfahrt & Parken: Schwäbische Albstraße B 466 Nördlingen–Nereseim, ca. 2 km nach Holheim rechts dem Schild „Ofnethöhlen“ folgen.
Hexenfelsen – Marienhöhe Nördlingen
Der Hexenfelsen befindet sich auf dem ehemaligen Galgenberg von Nördlingen, der heute ein Teil der Marienhöhe ist, einem Höhenzug des Inneren Ries-Kraterrandes. Anders als bei den oben beschriebenen Steinbrüchen in der Megablockzone gibt der Hexenfelsen Einblick das Geschehen, das sich am Inneren Kraterrand abgespielt hat.
Geologisch gesehen ist der Hexenfelsen ein Erosionsrest dolomitischer Süßwasserkalke, die sich in dem Kratersee nach dem Ries-Ereignis gebildet haben. Die massigen Kalke gehen vor allem auf Algenriffe zurück, die sich bevorzugt am Inneren Kraterrand (Kristalliner Ringwall) entwickelt haben.
Der innere Ring setzt sich aus aufgepresstem kristallinen Grundgebirge (z. B. Granit, Gneis, Amphibolit) zusammen, das von Riesseekalken überkrustet ist. Beim Hexenfelsen tritt kristallines Grundgebirge, das aus mehreren hundert Metern Tiefe herausgeschleudert wurde, nur noch an der zum Wasserreservoir gelegenen Seite auf.
Auf diesem kristallinen Sockel, der den Algen und Bakterien als Substrat diente, konnten diese Kalk verstoffwechseln. Zeitweise mag der Hexenfelsen als Inselberg fungiert haben, der aus den Kratersee herausragte.
Anfahrt & Parken: Freibad auf der Marienhöhe in Nördlingen
Adlersberg auf der Marienhöhe
Wie auch der Hexenfelsen liegt der Adlersberg auf den Kristallinem Ringwall des Inneren Rieskrater-Rings. Der Kristalline Ringwall entspricht dem primären Rieskrater mit einem ca. 12 km im Durchmesser und einer Tiefe 4,5 km, der nach weniger als 1 Minute kollabierte.
Über den Kristallingesteinen haben sich mächtige Süßwasserkalke abgeschieden, die in mehreren kleinen ehemaligen Abbaustellen aufgeschlossen sind. Die Seekalke des Adlersberg sind sehr fossilhaltig. So können hier kleinste Wasserschnecken und Muschelkrebschen gefunden werden.
Am Adlersberg ist heute kein Kristallin mehr aufgeschlossen. Dafür wurde hier Keupermaterial (sandige und tonige Ablagerungen des Oberen Juras, ca. 200 Millionen Jahre alt) entdeckt. Die Keuperablagerungen (Teil der Bunten Trümmermassen) liegen hier allochthon vor.
Die ältere Geschichte des Riessees unterlag einen mehrfachen Wechsel von Süß- und Salzwasserphasen. Die jüngste Riessee Geschichte geht von einem Sodasee (Natriumbikarbonat) aus. Am Inneren Kraterring und am Äußeren Kraterrand entstanden stotzen- bis trichterförmige Algenriffe, die zu den bekanntesten Gesteinsbildungen des Riessees gehören.
Anfahrt & Parken: Freibad auf der Marienhöhe in Nördlingen – nur ca. 2,5 km vom Hexenfelsen entfernt (schöner Spaziergang – dem Wegweiser „Schäferweg“ folgen)
Ries-Ereignis: Asteroid, Meteoroid, Meteor & Meteoriten-Einschlag?
Vielleicht verwirren dich die ganzen Begrifflichkeiten um diesen herunterstürzenden Himmelskörper. Also lass mich die Begriffe kurz erklären: Der Unterschied zwischen Asteroid und Meteoroid liegt eigentlich nur in seiner Größe, aber es gibt dafür keine eindeutige Grenze.
Als Asteroiden (altgriechisch „sternähnlich“) oder Planetoiden werden astronomische Kleinkörper bezeichnet, die sich auf keplerschen Umlaufbahnen um die Sonne bewegen und größer als Meteoroiden (Millimeter bis 100 Meter), aber kleiner als Zwergplaneten (ca. tausend Kilometer) sind.
Weil das nicht schon genug verwirrend ist: Die meist porösen, wenig dichten Asteroiden und Meteoroiden zerbersten beim Eintritt in die Atmosphäre und verglühen teilweise. Die Bruchstücke, die die Erdoberfläche erreichen, nennt man Meteoriten. Bleibt von einem einschlagenden Asteroid nicht mal mehr ein Bruchstück übrig, weil er beim Einschlag vollständig verdampt, spricht man streng genommen von einem Asteroidenkrater, sonst von einem Meteoritenkrater.
Und wenn die rasenden Gedanken in deinem Kopf ein Feuer vor deinen Augen entfachen, dann ist dies fast schon die Erklärung für einen Meteor. Als Meteor wird nämlich der Lichtstrahl bezeichnet, der entsteht, wenn ein Himmelskörper in die Erdatmosphäre (in 80 -110 km Höhe) eintritt und mit seiner kinetischen Energie die Atome der Atmosphäre zum Leuchten anregt. Wir nehmen diese Erscheinung auch als „Sternschnuppen“ wahr.
Das kosmische Geschoss, das vor 14,5 Mio. Jahren auf die Erde zuflog, hatte ungefähr einen Durchmesser von 1.000 m. Es war also ein kleinerer Asteroid, der sich beim Eintritt in unsere Atmosphäre als hell leuchtender, laut donnernder Meteor zu erkennen gab, wenige Sekunden später die Erdkruste zerriss und verdampfte und so den Meteoriten- / Asteroiden-Krater im Nördlinger Ries entstehen lies.
Meine Tipps:
- Die Geologie des Donau-Ries auf eigene Faust oder geführt entdecken? Wenn du nicht schon ein Hobby-Geologe bist, der sich bestens auskennt, würde ich dir auf alle Fälle mindestens eine Führung in den Geotopen empfehlen. Trotz der vielen Infotafeln werden viele Zusammenhänge erst im Gespräch richtig klar. Zudem macht so eine Führung auch noch viel mehr Spaß. Die Führungen können ganz einfach über den Geopark Ries oder bei den Infostellen gebucht werden. Es gibt sowohl offene Führungen als auch buchbare Führungen.
- In den Geopark-Infozentren in Nördlingen und Oettingen, sowie bei diverse Infostellen erhälst du noch viele weitere Infos zu den Geotopen, Steinbrüchen & sehenswerten Orten rund um das Thema Ries-Ereignis. Das Rieskrater-Museum Nördlingen zeigt die geologische Zusammenhänge im Detail auf.
- Es gibt eine Vielzahl von Wanderwegen im Ferienland Donau-Ries – von kurz bis ca. 25 km Länge. Dadurch, dass das Nördlinger Ries bis auf die Kraterwände total flach ist, sind alle Wanderungen sehr leicht. Meine schönste Wanderung im Ries ist der Schäferweg. Er bietet tolle Ausblicke und viel faszinierende Geologie.
- Spannende Geologie abseits des Ries-Ereignisses bietet der 9,3 km lange Dolinen-Lehrpfad bei Tagmersheim und Rögling. Dolinen sind trichterförmige Geländemulden mit 2 – 20 m Durchmesser und Tiefen bis über 10 m. Sie sind typisch für Karstlandschaften wie die Monheimer Alb.
- Online kannst du dich am besten auf der Geopark Ries und der Ferienland Donau-Ries Seite informieren. Während du auf der Geopark Ries Seite in erster Linie alles zu den unzähligen geologischen Besonderheiten im Nördlinger Ries findest, bietet die Ferienland Donau-Ries Seite sowohl einige Infos über geologische Besonderheiten, vor allem aber Infos über alles, was ansonsten noch sehens- und erlebenswert in der Region ist.
- Der Geopark Ries ist übrigens einer der 17 von der GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung zertifizierten Nationalen Geoparks.
- Direkt an das Donau-Ries schließt sich im Osten der Naturpark Altmühltal an (teilweise überlappen die Gebiete sogar im Bereich von der Monheimer Alb). Auch das Altmühltal kann vom Ries aus leicht in Form von Tagesausflügen besucht werden. Meine Altmühltal-Highlights kannst du hier nachlesen: Altmühltal Sehenswürdigkeiten – Ausflugsziele, Naturwunder, Insidertipps
Kann dich dieser Erdgeschichtsthriller dieses gigantischen Meteoriteneinschlags auch begeistern? Glück für uns, dass das Ries-Ereignis vor 15 Millionen Jahren stattgefunden hat. Einfach die Geotope selbst mal unter die Lupe nehmen und euch beeindrucken lassen!
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